Erfurt/Jena Grünbrücken: Damit Straßen nicht zur tödlichen Falle werden

Grünbrücke bei Illmenau: Wirkung nur unzureichend untersucht. Archiv- Foto: dpa

Bei größeren Straßenneubauten entstehen für Tiere manchmal auch Grünbrücken oder Amphibientunnel. Doch inwieweit diese von den Tieren genutzt werden, ist häufig unklar.

 
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Erfurt/Jena - In Thüringen wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Brücken für Tiere gebaut, damit diese gefahrlos Straßen überqueren können. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es allerdings zu wenig Erkenntnisse über deren Wirksamkeit. In der Theorie seien solche Grünbrücken für viele Tierarten sehr wichtig, sagte der Ökologe Stefan Halle. "Aber ob diese Anlagen auch in der Praxis funktionieren, das wissen wir viel zu oft nicht."

Wissenschaftliche Studien dazu seien bislang eher selten. "Deshalb können wir auch nicht lernen, wie man Grünbrücken noch besser bauen könnte." Halle ist Inhaber des Lehrstuhls für Ökologie an der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität. Zugleich ist er geschäftsführender Direktor am Institut für Ökologie und Evolution.

Nach Angaben des Verkehrsministeriums sind in Thüringen seit 2017 mehrere solcher Querungshilfen für Tiere gebaut worden. Neben Grünbrücken, die über eine Straße führen, gehören dazu auch Amphibientunnel, mit deren Hilfe etwa Kröten unter einer Straße entlang wandern können. So sei beispielsweise im Zuge des Neubaus der Ortsumfahrung Witzelroda (Wartburgkreis) auf der Bundesstraße 19 eine Amphibienschutzanlage für etwa 117 000 Euro gebaut worden.

Bei der Verlegung der Ortsdurchfahrt Haynrode auf der Landesstraße 1014 im Eichsfeld sei eine Grünbrücke errichtet worden, die aber auch von Menschen genutzt werden könne. Die Kosten dafür hätten bei etwa 1,1 Millionen Euro gelegen, sagte Ministeriumssprecherin Antje Hellmann.

Grundsätzlich sei die Straßenbauverwaltung bei bestehenden Straßen nicht zur Nachrüstung von Querungshilfen verpflichtet, betonte Hellmann. Beim Aus- und Neubau seien jedoch gesetzliche Vorgaben des Naturschutzes zu beachten. So würden Grünbrücken oder Amphibientunnel erfahrungsgemäß dann errichtet, wenn es Bauarbeiten in der Nähe von Naturschutzgebieten, Feuchtgebieten oder Teichen gebe.

Laut dem Ökologen Halle gibt es an Universitäten gelegentlich Untersuchungen zur Wirksamkeit von Grünbrücken etwa durch Studenten. Doch das reiche nicht aus. Häufig sei nach der Planung und dem Bau der Anlagen kein Geld mehr für die wissenschaftliche Begleitung der Projekte vorhanden. Das ist nach Meinung von Halle ein grundsätzliches Problem, das es auch bei Blühstreifen und Feldhecken gebe: "Da werden Dinge angelegt, ohne dass ausreichend geschaut wird, ob das auch wirkt."

Wie die Naturschutzverbände BUND und NABU hält allerdings auch der Wissenschaftler die Querungshilfen grundsätzlich für notwendig. "Man braucht solche Anlagen für all die Tiere, die man sonst regelmäßig tot auf der Straße findet", sagte er. BUND-Landesgeschäftsführer Burkhard Vogel sieht einen erheblichen Bedarf an Querungshilfen für wandernde Tierarten vor allem an den großen und häufig befahrenen Verkehrsstraßen.

Grundsätzlich bildeten Straßen für Tiere Barrieren und teilweise tödliche Fallen. Das werde besonders deutlich bei der Massenwanderung von Amphibien zu ihren Laichgewässern. "Dabei werden die Tiere häufig massenhaft getötet", sagte
Vogel. Die Querungshilfen dienten daher nicht nur dem Naturschutz, sondern auch der Verkehrssicherheit.

Ähnlich äußerte sich der Sprecher des Umweltministeriums, Tom Wetzling. Querungshilfen verringerten auch das Risiko von Kollisionen. An einzelnen Grünbrücken werde derzeit geprüft, welche Tiere sie nutzten. So seien an der Grünbrücke Haynrode schon Querungen unter anderem von Wildkatzen dokumentiert worden.

Der NABU verwies auf die Bedeutung von Amphibientunneln. Es werde immer schwieriger, Freiwillige zu finden, die Fanganlagen für Kröten aufbauten und die Tiere dann über die Straße trügen, sagte der Sprecher des NABU-Landesfachausschusses Herpetologie, Ulrich Scheidt. Der Bau von mehr Tunneln würde die Helfer entlasten, während die Tiere gleichzeitig so geschützt werden könnten. dpa

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