Hassberge Digitaler Helfer im Notfalleinsatz

Lukas Krapf (links, Notfallsanitäter-Auszubildender) und Luisa Dukorn (Rettungssanitäterin) zeigen das NIDA-Pad, den kleinen digitalen Helfer. Mit ihm können beispielsweise Patientendaten, Anamnese und Vitalparameter erfasst werden. Er befindet sich inzwischen auf jedem Rettungswagen, Krankentransportwagen und Notarzteinsatzfahrzeug. Foto: Michael Will / BRK Quelle: Unbekannt

Das NIDA-Pad dient der Erfassung von Patientendaten, der Anamnese und der Vorverständigung von Kliniken. Er vereinfacht die Arbeit des medizinischen Personals gravierend.

 
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Haßfurt - Technisierung und Digitalisierung im Rettungsdienst haben in den vergangenen Jahren deutlich an Stellenwert gewonnen und spielen heute bei jedem Einsatz eine wichtige Rolle. Mithilfe eines kleinen tragbaren Computers, vergleichbar mit einem Tablet, werden Patientendaten erfasst, wichtige Informationen in Echtzeit an Kliniken übertragen, Vitalparameter gespeichert und nicht zuletzt jeder Einsatz nach den rechtlichen Vorschriften dokumentiert. "Was früher alles von Hand mithilfe eines Notfallprotokolls schriftlich erfasst werden musste, kann man heutzutage komplett digital erledigen und verwalten", sagt Michael Will, Pressesprecher des BRK-Kreisverbandes Haßberge.

Der kleine Helfer nennt sich abgekürzt NIDA und trägt den etwas sperrigen Namen "Notfall-, Informations- und Dokumentations-Assistent". "Noch während eines laufenden Einsatzes können damit wichtige Parameter eines Notfallpatienten an die aufnehmende Klinik gesendet werden", beschreibt Wolfgang Zweverink, Leiter der Rettungswache Haßfurt, die Möglichkeiten. Dort können sich Ärzte und Schwestern, beispielsweise in einem Schockraum, somit auf die Ankunft des Patienten und seine weitere Versorgung vorbereiten.

Bei dem sogenannten NIDA-Pad handelt es sich um ein im Rettungsdienst Bayern vollständig digitalisiertes Bearbeitungstool, das dem Personal auf dem Rettungswagen, dem Krankentransportwagen oder dem Notarzteinsatzfahrzeug zahlreiche Möglichkeiten in der Einsatzbearbeitung bietet. Zum einen können damit beispielsweise sämtliche Patientendaten erfasst werden. Mit dem Gerät kann auch die Versicherungskarte eingelesen werden, so dass sämtliche relevanten Patientendaten direkt übernommen werden. Nach dem Einsatz können diese Daten als Grundlage für eine spätere Kostenabrechnung mit der Krankenkasse an die Zentrale Abrechnungsstelle für den Rettungsdienst Bayern (ZAST) übermittelt werden. Die Zentralstelle rechnet sämtliche Einsätze der Rettungsdienstorganisationen Bayerns mit den Krankenkassen ab. Während des Einsatzes hilft das NIDA-Pad der Rettungsbesatzung alle wichtigen Informationen abzufragen und zu erfassen. "Zugegebenermaßen erfordert die Erfassung und Dokumentation eine gewisse Einarbeitung und nimmt auch einiges an Zeit in Anspruch", sagt Will, "aber dank der täglichen Anwendung des Pads ist es für die meisten Kollegen inzwischen zur Routine geworden."

In der modernen und hoch spezialisierten Rettungsdienstarbeit wird heute in der Patientenversorgung nach bestimmten Algorithmen und sogenannten SOPs (Standard Operating Procedures) gearbeitet, also nach standardisierten Vorgehensweisen. Das erleichtert zum einen die Versorgung des Patienten am Einsatzort, da alle im Team die gleiche Sprache sprechen, und sorgt auch für größtmögliche Sicherheit dafür, dass keine für eine mögliche Erkrankung oder Verletzung wichtigen Infos übersehen werden. Für den Patienten hat das eine optimale Versorgung vor Ort und beim anschließenden Transport in die Klinik zur Folge.

In der Dokumentation des Einsatzes sind im NIDA im Zuge des Abfrageschemas diese SOPs abgebildet. So kann der Patientenzustand beispielsweise nach einem Schema beurteilt werden, das kritische Blutungen berücksichtigt, den Zustand der Atemwege, die Belüftung der Lunge, die Kreislaufsituation, die Neurologie sowie Vorerkrankungen, Risikofaktoren, Art und Intensität von Schmerzen und die Situation kurz vor Eintritt des Notfalls.

Zudem können mit dem NIDA-Pad wichtige Vitalparameter - beispielsweise Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Atemfrequenz, Herzfrequenz, Temperatur, Blutzuckerwert etc. - erfasst werden. Es ist sogar möglich, Daten vom tragbaren EKG-Gerät inklusive Defibrillator, via Bluetooth-Verbindung an das NIDA zu überspielen. Des Weiteren ist eine digitale Erfassung der Anamnese, also möglicher Vorerkrankungen, des Patienten möglich, die je nach Zustand des Notfallpatienten entweder von ihm oder von Angehörigen erfragt werden kann. Auch die Erfassung eingenommener Medikamente und ihre Dosierung kann festgehalten werden, ebenso mögliche Allergien.

"Alles in allem kann aus vielen Mosaiksteinen so ein recht umfassendes Bild des Patienten, möglicher Vorerkrankungen und Symptome gezeichnet werden", sagt Michael Will. Dieses umfassende Bild ermöglicht dem Rettungsfachpersonal eine bessere Einschätzung der Situation", verdeutlicht Notfallsanitäter Wolfgang Zweverink und macht eine gezielte und angepasste Versorgung an Ort und Stelle leichter.

Die erfassten Daten können schließlich während des Transports des Notfallpatienten via NIDA-Pad an die Notaufnahme des Zielkrankenhauses übermittelt werden. Das erfolgt mithilfe des Mobilfunknetzes. Im Krankenhaus erscheint beim Empfang einer Voranmeldung eines Patienten auf einem Empfangsmodul ein Alarm; gleichzeitig wird die voraussichtliche Ankunftszeit des Rettungswagens übermittelt, so dass sich das Team in der Notaufnahme entsprechend vorbereiten und Kapazitäten planen kann. Das ist vor allem dann ein zeitlicher Vorteil, wenn ein Patient mit einer lebensbedrohlichen Verletzung nach einem Trauma oder einer schwerwiegenden internistischen Erkrankung in den Schockraum eingeliefert werden muss; dort sind dann mehrere Ärzte und Schwestern der unterschiedlichsten Fachrichtungen gefordert - vom Anästhesisten und Internisten über den Kardiologen und Neurologen bis hin zum Unfallchirurgen. Abschließend kann an die Klinik auch das gesamte Notfallprotokoll übermittelt werden, auf dem neben den Patientendaten und -parametern auch der Funkrufname des beteiligten Rettungsfahrzeuges sowie die Daten des Rettungsdienstpersonals bzw. des Notarztes einzusehen sind. Eventuelle Rückfragen sind so leichter möglich.

In das Pad ist eine Digitalkamera integriert. Mit ihr können beispielsweise bei Verkehrsunfällen die Beschädigungen von Fahrzeugen fotografiert und die Bilder an die Klinik übermittelt werden. So können sich Ärzte, die nicht vor Ort waren, sprichwörtlich ein Bild von dem Zerstörungsgrad machen. Damit sind nicht zuletzt Rückschlüsse darauf möglich, welche physikalischen Kräfte auf einen Körper eingewirkt haben und welche inneren Verletzungen daraus resultieren könnten.

In der Region sind inzwischen die allermeisten Kliniken an das System angeschlossen. Darunter beispielweise die Häuser Haßfurt und Ebern der Haßberg-Kliniken, die Kliniken in Bamberg, Coburg, Schweinfurt, Bad Neustadt sowie die Uniklinik Würzburg. red

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