In Hanoi trinkt man zum Beispiel gern Eierkaffee, für den Eidotter ins Getränk gegeben wird. Populär wurde der Drink im Vietnamkrieg. Milch war Mangelware. Ein findiger Kaffeehausbetreiber mixte das zusammen, was ihm blieb: Aus Eigelb, etwas Kondensmilch und Honig rührte er eine schaumige Masse, die er wie ein Häubchen auf den Kaffee setzte. Das Getränk gehört heute zu den beliebtesten des Landes. Es schmeckt wie ein flüssiger, sämiger Kaffeekuchen.
Für die Feinschmecker gibt es auch etwas Teures
Ein anderes Getränk ist Salzkaffee. Zu einem schwarzen Kaffee wird hier eine leichte, süße Creme gegeben, die allerdings durch eine gute Prise Salz geprägt ist. Das Ganze schmeckt nach Salted Caramel, denn Salz überdeckt einige Bitterstoffe im Kaffee.
Und für die Feinschmecker gibt es auch etwas Teures – Wieselkaffee. Am Rande des Stadtzentrums von Saigon, der größten Metropole im Süden, hält Thuy Uyen Bui ein paar verklebte, harte Bohnen in der Hand und grinst: „Das hier ist die Scheiße!“, sagt die junge Frau auf Englisch. Kein Scherz: Es sind die Exkremente eines Wiesels, das auf der Farm des Café Legend Revived herumliegende Bohnen gegessen, verdaut und wieder ausgeschieden hat. Dieses Endprodukt ist dann der Rohstoff für heiß aufgegossenen, schwarz genossenen Kaffee.
Ein besonderes Genussmittel, das auch mal was kosten darf
Auch diese Machart hat ihre Ursprünge in der Kolonialzeit. Denn die vietnamesischen Bauern mussten Kaffee zwar anbauen, durften ihn aber anfangs nicht verzehren. Eines Tages kam dann ein findiger Bauer auf die Idee, das Ausgeschiedene eines Wiesels zu rösten. Bald sprach sich herum, dass diese leicht nussige, holzige, matte Note köstlich war. Später fand man heraus, dass es die Verdauungsenzyme der Wiesel sind, die die Bohnen so fermentieren, dass sie am Ende ihren besonderen Geschmack erhalten. Aus Abfall wurde Luxus. Eine Tasse kostet hier umgerechnet rund zehn Euro. In einem Land, wo das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf rund 3700 Euro beträgt, ist das ein kleines Vermögen.
„Für uns Vietnamesen ist Kaffee viel mehr als nur ein Getränk“, erklärt Thuy Uyen Bui. Die junge Frau will wohl sagen, dass Kaffee für die Menschen hier eine gesellige Angelegenheit ist, ein besonderes Genussmittel, das auch mal was kosten darf. Aber auch sprichwörtlich hat sie recht: In Vietnam ist Kaffee nicht ein Getränk, sondern sehr viele verschiedene.
Kaffeeanbau in Vietnam
Geschichte
Die Geschichte des vietnamesischen Kaffee beginnt Mitte des 19. Jahrhunderts, als Frankreich hier Kolonialmacht wurde. Damals wollten die europäischen Imperialisten im fernen Südosten nicht auf ihre Kaffeekultur verzichten, sodass sie ein paar Kaffeebohnen mitbrachten. Vietnamesische Bauern machten sich mit den Pflanzen vertraut, wurden allmählich meisterhaft im Anbau. Die Kolonialherren waren sichtlich zufrieden, in Vietnam boomte noch im 19. Jahrhundert eine Kaffeehauskultur französischen Einschlags.
Export
Vietnam wurde zu einem wichtigen Kaffeeexporteur – doch die Produkte aus Südostasien werden bis heute meist in günstigen Kaffee gemischt. (fli)