Unterstützung im Alltag
Die Neu-Oberhofer haben bis dato in den neun anderen Flüchtlingsunterkünften im Landkreis gewohnt und werden nun umverteilt. Sie werden von einer Sozialarbeiterin im Alltag begleitet. Nachts sorge ein Wachdienst für Sicherheit, schildert sie
Wer genau in der nächsten Woche einziehen wird, entscheide sich am Donnerstag. „Derzeit treffen wir eine Auswahl aus 1600 Ukrainern und 800 Asylsuchenden aus anderen Ländern.“
Sie hätten gern früher Bescheid gewusst, was in der Tambacher Straße geplant ist, so die Kritik aus den Reihen der Gäste. Mitte Oktober war die Information des Immobilieneigentümers an die Stadt herangetragen worden, dass das Haus als Unterkunft für Flüchtlinge angeboten werden soll. „Wir haben daraufhin sofort unsere Bedenken geäußert“, blickt Thomas Schulz zurück. Weil das Landratsamt aber stets auf der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten ist, nahm es das Angebot an. „Der Mietvertrag ist unbefristet, kann aber jederzeit gekündigt werden, wenn sich der Bedarf verändert oder ein Käufer für die Immobilie gefunden wird“, sagt Susanne Reich. Sie hofft, dass die Oberhofer ein Miteinander zwischen Einwohnern und Migranten ermöglichen.
Matthias Kaspar vom gleichnamigen Autohaus sieht vor allem Chancen im Zuzug: Gern würde er noch den einen oder anderen Kfz-Mechatroniker einstellen. Als Mitglied im Gewerbeverein der Stadt wisse er außerdem um den Fachkräftemangel in den Hotels und Gaststätten. „Wenn wir Leute finden, die hier arbeiten wollen, dann ist das ein Glücksgriff für uns“, meint er. Anders als über ausländische Fachkräfte ließe sich die Lücke im Personalbestand nicht mehr schließen. Er empfinde es als Luxus, dass der Landkreis extra für Oberhof eine Auswahl der Flüchtlinge treffe und hofft, dass man die Berufe der Ankommenden auch noch mit im Blick hat.
„Anstatt sie in die Ecke zu stellen, sollten wir sie integrieren und in Arbeit bringen, damit sie keine Zeit haben, sich anderen Blödsinn auszudenken“, stimmt Thomas Schulz zu. Er beschäftige in seinem Hotel vier verschiedene Nationen. „Ich behandele sie wie rohe Eier, weil ich möchte, dass sie bleiben“, sagt er. Selbst ungelernte Fachkräfte könnten in der Touristenstadt eine Anstellung finden – so sie denn wollen und dürfen.
Leere Hotels, leere Kassen
Um die Hotels und Gaststätten sorgt sich auch ein anderer Bürger. Er befürchtet, dass durch das Flüchtlingsheim die Gäste ausbleiben und die Bürger der Stadt kein Geld mehr verdienen. Grundstücke werden an Wert verlieren und Investoren werden keine Neubauten mehr anstoßen, skizziert er ein Szenario, für das er Applaus erntet. Vom Leuchtturm Oberhof, der zur WM angepriesen wurde, bleibe dann nichts mehr übrig. „Ich habe Angst davor, dass wir hier oben auf unserer Insel negativ beeinflusst werden.“
Oberhof sei eine weltoffene Stadt, betont Stadträtin Elke Elflein. Sie ist sich sicher, dass es viele Bürger gibt, die in der Gemeinschaftsunterkunft gern unterstützen würden. Ein Hilfsangebot, dass bei Susanne Reich auf offenen Ohren stößt.
„Wir treffen uns hier in einem Jahr wieder und ich hoffe, Sie können sich dann noch daran erinnern, was sie uns heute versprochen haben“, schließt ein Oberhofer die mehr als eineinhalbstündige Diskussion.