Auf die Idee, eine Oper über den Auszug der Israeliten aus Ägypten zu komponieren, kam Gioacchino Rossini notgedrungen: Im Italien des 19. Jahrhunderts war musikalische Zerstreuung weltlicher Art während der Fastenzeit unmöglich. Also benutzte Rossini einen biblischen Stoff, um das Verbot zu umgehen. Eine glückliche Fügung, denn die "azione tragico-sacra", so die italienische Bezeichnung für das "geistliche Drama mit Musik", das dabei herauskam, ist ein musikalisch faszinierendes Werk. Und wie mächtig doch dieser Rossini sein kann! Schon das Wörtchen "tragico" deutet Furchtbares an: Die mit Hilfe von oben organisierte Befreiung der Israeliten aus pharaonischer Gefangenschaft gerät zur blutigen Angelegenheit, bei der am Ende Moses triumphiert, der Pharao aber Soldaten, Sohn und schließlich sein Leben verliert. Es ist das Spiel der Mächtigen - Moses mit dem biblischen Gott als Helfer, der Pharao als Sohn des Sonnengottes Re. Hier streiten zwei göttliche Ordnungen um den Vorrang in der Welt.