Biathlon-Weltcup „Die Leute sind gereizt“

  Foto: ari/Michael Reichel

Die Kritik nach der Abriegelung Oberhofs ließ nicht lange auf sich warten. Bürgermeister Thomas Schulz verteidigt den Schritt und spricht von einer neuen Qualität der Aggression.

 
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Oberhof - Wäre 2021 ein ganz normales Jahr, 30 000 Menschen würden Oberhof an einem normalen Tag bevölkern, wenn der Biathlon-Tross am Rennsteig auf Skijagd geht. 30 000 Menschen in einem Ort mit 1600 Einwohnern und 3500 Gästebetten. An diesem Freitagmittag ist alles anders als in normalen Jahren. Die Stadt am Rennsteig ist wie ausgestorben. Es ist der erste Wettkampftag des diesjährigen Biathlon-Weltcups, die Sprintrennen der Frauen und Männer stehen an. Doch auf den Straßen sind nur ein paar wenige Fußgänger unterwegs, zwischen ihnen taucht der ein oder andere Biathlet auf, der sich für das Herren-Rennen am Nachmittag warmläuft.

Dann kommt Bürgermeister Thomas Schulz (Freie Wähler) aus dem Haus des Gastes im vom Schnee verzierten Ortszentrum zu den Journalisten gelaufen. Die haben nach den vergangenen Tagen viele Fragen. Denn Oberhof ist dicht. Niemand, der nicht in der Stadt arbeitet, wohnt oder einen triftigen Grund hat, darf sie betreten. Für Thomas Schulz war die Entscheidung der letzte Ausweg, bevor die Situation zum Start des Biathlon-Weltcups endgültig aus dem Ruder läuft. „Wir hatten an den letzten drei Wochenenden 10 000 bis 15 000 Leute täglich in Oberhof. Der Ort war proppenvoll. Ich habe mir dann am Sonntag die Frage gestellt: Was passiert, wenn dann auch noch die Biathlon-Fans dazukommen? Dann hätten wir keine Chance gehabt, Ordnung reinzubringen. Wir hätten keine Bremse gehabt.“

Schulz hat Verständnis für die Menschen, die in Zeiten von geschlossenen Freizeiteinrichtungen einfach ein bisschen Spaß im dieser Tage gerne „Winterwunderland“ genannten Oberhof haben wollten. Als zuletzt durch Tagestouristen manche Straßen unpassierbar waren und auch Rettungswege zugeparkt wurden, war für den Stadtchef das Maß aber voll. Nach Absprache mit Thüringens Innenminister Georg Maier und Landrätin Peggy Greiser sei es nicht schwer gewesen, die Sperrungen durchzusetzen. „Wir haben auf das Verkehrskonzept der letzten Jahre zurückgegriffen“, erklärt Schulz und versteht die Aufregung nicht.

Denn das Konzept habe in der Vergangenheit nie zu Diskussionen geführt. Die breite Kritik sei neu. Und die Reaktionen fielen heftig, ja, äußerst aggressiv aus, sagt Schulz, der seit 14 Jahren Bürgermeister in Oberhof ist. „Man merkt jetzt: Die Leute sind gereizt.“ Schulz’ Vermutung: Die an den Nerven zehrenden letzten Monate haben ihre Spuren hinterlassen. Allein Thomas Schulz ist, seitdem die Polizei an den Ortseingängen kontrolliert, „völlig entspannt“. Oberhof ist wie leer gefegt.

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