Abstimmung Neuwahl steht auf der Kippe

Ob der Thüringer Landtag am kommenden Montag seine Auflösung beschließen wird, ist derzeit noch unklar. Foto: /Martin Schutt/dpa

Der Krimi um eine mögliche Auflösung des Thüringer Landtages wird sich noch tagelang hinziehen. Ministerpräsident Bodo Ramelow hat sich nun mit einem eindringlichen Appell an die rot-rot-grünen Abgeordneten gewandt.

 
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Erfurt - Es sind nur noch fünf Tage bis die Abgeordneten des Thüringer Landtages darüber abstimmen sollen, ob das Landesparlament vorzeigt aufgelöst und es damit am 26. September zu Neuwahlen im Freistaat kommen wird. Doch noch immer ist nicht absehbar, wie diese Entscheidung ausfallen dürfte. In dieser Situation hat nun Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) zuerst in seiner eigenen Fraktion und dann vor fast allen Abgeordneten von Linken, SPD und Grünen eindringlich dafür geworben, die Koalition möge sich geschlossen hinter die Neuwahl-Pläne stellen. Es sei für die Minderheitskoalition wichtig, nicht so sehr auf das Agieren von CDU und FDP in der Neuwahl-Debatte zu blicken, sondern sich aus eigenem Antrieb zur Auflösung des Parlaments zu bekennen, sagte Ramelow am Mittwoch in Erfurt bei einer gemeinsamen rot-rot-grünen Fraktionssitzung nach übereinstimmenden Angaben von Teilnehmern.

Die Fraktionssitzung – an der mindestens eine Abgeordnete aus dem Lager von Rot-Rot-Grün aus persönlichen Gründen nicht teilgenommen haben soll – fand im Plenarsaal des Landtages statt; dort, wo am Montag die Abstimmung über den Auflösungsantrag des Landesparlaments stattfinden soll, den 30 Abgeordnete von Linken, SPD, Grünen und CDU unterschrieben haben. Vertreter dieser vier Fraktionen haben in den vergangenen Tagen immer wieder betont, sie wollten, dass das Abstimmverhalten der AfD über den Auflösungsantrag nicht entscheidend dafür sei, ob es zu Neuwahlen kommt oder nicht.

Um dies sicherzustellen wird nach Informationen unserer Zeitung deshalb in den Reihen von Rot-Rot-Grün erwogen, noch einen Geschäftsordnungsantrag vor der Abstimmung über den eigentlichen Auflösungsantrag beschließen zu lassen. Damit soll ein zweistufiges Abstimmungsverfahren etabliert werden: Zuerst sollen alle Abgeordneten per Handzeichen signalisieren, wie sie sich zu dem Auflösungsantrag verhalten. Abschließend abgestimmt werden soll darüber aber erst in einem zweiten Schritt, bei dem sich alle Abgeordneten von ihren Plätzen erheben müssten, falls sie für die Auflösung des Landtages sind.

Die Idee von Rot-Rot-Grün dahinter: Gibt es bei der Handzeichenabstimmung keine Mehrheit jenseits der AfD für die Auflösung des Landtages, bleiben ihre Abgeordneten auch bei der Schlussabstimmung sitzen. Die Auflösung des Landtages wäre dann gescheitert, aber eben auch nicht mit den Stimmen der AfD zustande gekommen.

Bei der gemeinsamen Fraktionssitzung vom Mittwoch sollen mehrere Teilnehmer auch dafür geworben haben, jeder Abgeordnete solle sich bewusst machen, welche Konsequenzen es habe, sollte der Landtag nun nicht aufgelöst werden. Thüringen stehe dann vor der Regierungsunfähigkeit, hieß es nach Angaben von Teilnehmern immer wieder. Immerhin werde es nach der parlamentarischen Sommerpause keine Zusammenarbeit zwischen Rot-Rot-Grün und der CDU mehr geben.

Die Frage dagegen, wie es im Land weitergehen soll, wenn eine vorgezogene Neuwahl ein ganz ähnliches Ergebnis bringt wie die Landtagswahl vom Oktober 2019, bei der keine der etablierten Koalitionen eine Mehrheit erhalten hatte, wurde den Angaben nach nicht thematisiert. Auf einer weiteren, gemeinsamen Fraktionssitzung von Linken, SPD und Grünen am Sonntagabend soll das Abstimmungsverhalten der Minderheitskoalition vor der Abstimmung am Montag erneut beraten werden. Zudem wollen sich Linke, SPD, Grüne und auch die CDU unmittelbar vor der Plenarsitzung am Montag noch einmal zu jeweils eigenen Fraktionssitzungen treffen.

Parallel zu der Fraktionssitzung im Landtag ist am Mittwoch allerdings auch klar geworden, dass die Chancen auf eine vorzeitige Landtagsauflösung zuletzt nicht unbedingt gestiegen sind. Denn in etwa zu der Zeit, als Linke, SPD und Grüne berieten, erklärte die FDP-Abgeordnete Franziska Baum, sie werde dem entsprechenden Antrag nicht zustimmen. „Ich selbst werde mich bei einer Abstimmung Stand jetzt enthalten“, sagte Baum unserer Zeitung. Zuvor hatte der Fraktionsvorsitzende der FDP, Thomas Kemmerich, erklärt, es gebe bei den Liberalen große Vorbehalte gegen die Auflösungspläne. „Wir sind nicht dafür da, ein rot-rot-grün-schwarzes Versprechen umzusetzen“, hatte er am Mittwoch nach Beratungen seiner Partei gesagt und hinzugefügt: „Es soll sich keiner auf uns verlassen, denn es ist nicht unsere Vereinbarung.“

Dass Baum sich bei der Abstimmung über die Landtagsauflösung enthalten will, ist vor allem deshalb ein Rückschlag für die entsprechenden Pläne, weil Baum bei der überwiegenden Mehrheit von Linken, SPD und Grünen als liberale Politikerin gilt, mit der sachliche Gespräche zu verschiedensten Themen möglich sind. Manche in den Reihen der Minderheitskoalition hatten zuletzt erklärt, Baums Zustimmung zu einer Landtagsauflösung würden sie begrüßen – anders als die Erklärung der inzwischen aus der FDP ausgetretenen Abgeordneten Ute Bergner, sie wolle für die Auflösung des Parlaments stimmen. Bergner werfen viele bei Linken, Sozialdemokraten und Grünen vor, AfD-Positionen zu vertreten.

>>> Watschentanz zur Landtagsauflösung

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