Klatsch", macht die Hand. Aua! Oder doch nicht? Waren da nicht gerade fünf Finger im Gesicht des Betrachters? Alles nur Einbildung, oder was ist hier los? Die Dame mit der schwarzen Mütze und dem schwarzen Shirt starrt noch immer regungslos in das Atelier von Claudia Kathrin Leyh. Ohne Unterleib, Beine und Arme hockt sie da. Geblendet vom Licht der Atelierlampen.

Ihr Oberkörper und die beiden Hände erwachsen aus einer Arbeitsplatte. Umklammern einen weißen Würfel. Sie lächelt, oder? Und schön ist sie auch. Wunderschön sogar. Wenn nur dieser Blick nicht wäre. Als lauerte das Böse irgendwie hinter ihrer Schädeldecke aus Gips. Gespenstisch ist diese Zwiesprache an einem trüben Nachmittag im Atelier der Künstlerin. Claudia Katrin Ley steht in der Tür und genießt still. Sie weiß, sie hat wohl alles richtig gemacht, als sie mit bloßen Fingern diese Mikrometer-Nuancen und damit den Zweifel in das Gesicht ihrer "Pandora" drückte.

Ritterschlag in Karlsruhe

Seit gestern verunsichert die rätselhafte Dame mit dem weißen Würfel in den Händen das Publikum bei der "art Karlsruhe". Claudia Katrin Leyh ist darüber mehr als happy, wie man so schön sagt. Denn auf Einladung der Jenaer Galerie "pack of patches" ist sie zum ersten Mal auf einer internationalen Kunstausstellung dieses Formats vertreten. Die "art Karlsruhe" ist eine Art Ritterschlag für Künstler. Neben der "art Cologne" gilt die Messe im Badischen als der Kunstmarkt der Nation. Und Leyh weiß natürlich, dass ein eigener Messestand hier nicht von ungefähr kommt.

"Grit Höhn von der Galerie wollte mich unbedingt dabei haben", erzählt sie. Zwei Mal hat sie jüngst auf Messen den Publikumspreis gewonnen - bei der "artthuer" 2014 und auf der "main art" in Erlebach im letzten Jahr. An neun Ausstellungen war sie alleine 2015 beteiligt - von der Erfurter Krämerbrücke bist nach Genua in Italien. So sei die Galeristin Grit Höhn auf sie aufmerksam geworden, die insbesondere an ihrer "Othello"-Figur Gefallen fand.

In Karlsruhe zeigt sie auf 50 Quadratmetern 17 Objekte. Dass die "Pandora", ihre ganz persönliche Auseinandersetzung mit der rätselhaften Figur der griechischen Mythologie, dabei eine exponierten Platz bekommen hat, versteht sich von selbst. Sie ist nicht nur eine ihrer jüngsten Arbeiten, sondern auch eine ihre intensivsten.

Das Ringen der Künstlerin mit der "Persönlichkeit" ihres Kunstwerks ist förmlich abzulesen. Nichts will Leyh hier vorschnell festlegen. Das, was die Pandora erzählen kann, soll so vieldeutig und gegensätzlich sein wie in der Überlieferung des Hesiod'schen Motivs. An ihm haben sich im Lauf der Jahrhunderte nicht nur Maler und Bildhauer versucht, sondern auch ganze Heerscharen von Dichtern und Philosophen. Und doch ist das "schöne Übel", wie der alte Grieche die Frau beschrieb, ein Rätsel geblieben: In Pandoras Büchse befindet sich nämlich nicht nur das Übel der Welt, sondern auch die Hoffnung.

In den Arbeiten Claudia Katrin Leyhs kehren diese zweifelhaften, oder besser, schwer zu erkennenden Menschen immer wieder. Weniger vielleicht bei den Bronze- und Steinskulpturen, mit denen sie oft menschliche Wesenszüge in den Vordergrund stellt. Ihre Wesen aus Gips und Papier sind nicht nur deutlich nuancierter, sondern auch wesentlich stärker aufgeladen. Hinter den Gesichtern scheinen eigenwillige Persönlichkeiten hervor, die zu minutenlanger Zwiesprache einladen. Gut möglich, dass derjenige, der zum Beispiel "Najas" oder "Filia Solis" - eine aus Papier gegossene Meeres-Nixe oder eine Sonnen-Tochter - erwirbt, ein Leben lang mit ihr rätselt.

Der Kontrast macht's

Es ist der Kontrast der lieblichen wie rätselhaften Renaissance-Gesichter zu ganz modernem Equipment, der Leyhs Figuren so besonders macht. Für Mützen und eigenwillige Kopfbedeckungen hat sie dabei ein Faible. Die Künstlerin hat ihren Arbeiten in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Tiefe gegeben. Es ist spannender denn je, in diesen Figuren-Schöpfungen zu lesen. Und die - Vorsicht! - sogar Ohrfeigen verabreichen können. Zumindest suggerieren sie das. Und das will ja was heißen. Claudia Kathrin Leyh wird in diesem Jahr noch in Jena, in Miltenberg und bei der "art bodensee" in Dornbirn ausstellen.