Zu wenig Kassensturz und zu viele Ausgaben: Thüringens CDU-Fraktionsvorsitzender Mario Voigt hat sich unzufrieden über die Haushaltspläne der rot-rot-grünen Minderheitsregierung gezeigt. «Es muss erst klar geschaut werden, welche Prioritäten richtig gesetzt sind. Wir können nicht einfach so weitermachen», sagte Voigt am Dienstag im Sommerinterview des MDR. Linke, SPD und Grüne täten so, als ob es keine Steuermindereinnahmen, sondern weiterhin «steuerstarke Jahre» gäbe, sagte Voigt. Er forderte erneut einen Kassensturz.

Wegen der Corona-Pandemie und der wirtschaftlichen Auswirkungen rechnet die Landesregierung mit Ausfällen bei den Steuereinnahmen von fast einer Milliarde Euro. Im Juli hatten sich Spitzenvertreter von Linke, SPD und Grünen darauf verständigt, rund 1,82 Milliarden Euro Schulden aufnehmen zu wollen. Die Pläne sehen auch rund 300 Millionen Euro für struktursichernde Investitionen vor. Medienberichten zufolge soll dieses Geld aber weitgehend auf die neun Ministerien aufgeteilt werden. Voigt kritisierte diese Pläne und forderte Schwerpunkte. «Wir müssen unsere mittelständischen Unternehmen unterstützen.»

Linke, SPD und Grünen sind auf mindestens vier Stimmen der CDU angewiesen, weil sie zusammen keine eigene Mehrheit im Parlament haben. Die vier Parteien haben einen sogenannten Stabilitätsmechanismus vereinbart, der für Mehrheiten bei wichtigen Projekten sorgen soll. Zusammen können die vier im Parlament sogar eine Zweidrittelmehrheit zustande bringen - genug für eine Verfassungsänderung. Ein Ausschuss im Landtag soll dazu Vorschläge ausarbeiten.

Die Thüringer CDU-Fraktion spricht sich für klarere Regeln bei der Ministerpräsidentenwahl aus. «Wir wollen den dritten Wahlgang überdenken», sagte Voigt. Die bisher gängige Interpretation der Verfassung in Thüringen sei, dass eine Ja-Stimme ausreichen würde, um im dritten Wahlgang Ministerpräsident zu werden. «Ich glaube, das ist niemandem erklärbar», sagte Voigt. Zuvor hatten die Zeitungen der Funke Medien Thüringen darüber berichtet.

Geregelt ist die Ministerpräsidentenwahl in der Thüringer Verfassung. Während ein Kandidat in den ersten beiden Wahlgängen jeweils die absolute Mehrheit braucht, um als Regierungschef gewählt zu werden, ist im dritten Wahlgang derjenige mit den meisten Stimmen gewählt. Streit gibt es dabei immer wieder über die Frage, ob ein alleiniger Kandidat dann mehr Ja- als Nein-Stimmen braucht, um gewählt zu sein, oder ob im Extremfall auch nur eine einzige Ja-Stimme ausreichen würde.

Die CDU-Fraktion will außerdem eine Bedenkzeit vor dem dritten Wahlgang von mindestens zwei bis maximal 14 Tagen vorschlagen. «Dann kann uns so etwas wie am 5. Februar auch nicht mehr passieren», sagte Voigt. Seinerzeit wurde der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit den Stimmen von AfD, CDU und FDP zum neuen Regierungschef gewählt, obwohl seine Fraktion zuvor nur knapp den Einzug in den Landtag geschafft hatte. Es war bundesweit das erste Mal, dass ein Regierungschef mit Hilfe der AfD in ein Amt kam. Kemmerich nahm die Wahl an, trat aber kurze Zeit später nach Protesten und öffentlichem Druck zurück.

Die Thüringer SPD-Fraktion lehnt den Bedenkzeit-Vorschlag der CDU ab. Nach der Verfassung gebe es bereits jetzt die Möglichkeit für Unterbrechungen zwischen den Wahlgängen. «Eine verordnete Zwangspause kann außerdem zu zusätzlichen taktischen Spielchen führen», erklärte SPD-Fraktionschef Matthias Hey. Allerdings forderte auch er «Klarheit und Eindeutigkeit» beim dritten Wahlgang. «Es ist wichtig für den dritten Wahlgang, den Ministerpräsidenten mit einfacher Mehrheit zu wählen. Das ist auch im Sinne der Väter und Mütter der Verfassung - damit eine Regierungsbildung sichergestellt ist.»

Die Sprecherin für Demokratie und Verfassung der Linksfraktion, Anja Müller, kündigte einen gemeinsamen Gesetzesentwurf der Fraktionen von Linker, SPD und Grünen an, der im Herbst vorgestellt werden soll.

Die FDP-Abgeordnete Franziska Baum forderte ebenfalls Klarheit über das Verfahren im dritten Wahlgang. «Es sollte allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass die Verfassungsväter und -mütter sich etwas bei der aktuellen Formulierung gedacht haben. Nämlich, dass die Wahl irgendwann mit einem Ministerpräsidenten/in abgeschlossen ist», erklärte Baum. Dies sei mit dem Vorschlag der CDU nicht automatisch gegeben. «Gerade in der aktuellen Situation zeigt sich, dass Mechanismen, die für Stabilität im Land sorgen, wichtig sind.» dpa