Die Mai-Steuerschätzung prognostizierte dem Freistaat in diesem Jahr wegen des Konjunktureinbruchs durch die Corona-Krise Mindereinnahmen von 991 Millionen Euro. Damit fehlt fast jeder zehnte Euro, der 2020 ausgegeben werden sollte. Für das Jahr 2021 sinken die Einnahmen um 427 Millionen Euro. Im Zeitraum bis 2024 sage die Prognose ein Einnahmedefizit von insgesamt 2,3 Milliarden Euro voraus. Das ist nach Angaben von Finanzministerin Heike Taubert (SPD) der größte Einbruch der Steuereinnahmen seit den 1990er Jahren.
Ramelow sprach sich gegen die Aufnahme von Schulden aus, die nur der Konsumtion dienten. «Ich bin bereit, eine Kreditfinanzierung mitzutragen, wenn es um die Finanzierung von Zukunftsfragen geht, die nachhaltige Effekte haben. Es geht nicht darum, nur ein konjunkturelles Strohfeuer zu entfachen.» Nach der Corona-Krise gehe es um die Stabilisierung und den Umbau der Wirtschaft.
Über die nächsten Schritte bei den Landesfinanzen liefen Gespräche mit Mitgliedern der rot-rot-grünen Koalition, aber auch mit dem Chef der oppositionellen CDU-Fraktion Mario Voigt. Die vier Parteien müssten über einen möglichen Nachtragshaushalt und den Landesetat 2021 gemeinsam verhandeln, sagte Ramelow. Rot-Rot-Grün hat im Landtag keine eigene Mehrheit und ist damit auf Stimmen der CDU-Fraktion angewiesen.
Mit der CDU wurde ein Stabilitätspakt abgeschlossen, um Haushaltsbeschlüsse im Parlament zu ermöglichen. «Der Stabilitätsmechanismus funktioniert», sagte Ramelow. «Aber er ist keine Einbahnstraße.» Alle Beteiligten müssten sich jetzt mit der Situation auseinandersetzen, «wenn mehr als 900 Millionen Euro fehlen.»
Thüringen hat seit dem Jahr 2011 keine Kredite mehr aufgenommen. In den vergangenen fünf Jahren waren Schulden in Höhe von etwa einer Milliarde Euro abgebaut worden. dpa