Erfurt - Nach Auffassung von Thüringens Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) sollten Anhänger der rechtsextremen NPD keine gefährlichen Waffen mehr besitzen dürfen. «Das Bundesverfassungsgericht hat jüngst entschieden, dass auch die NPD eine verfassungsfeindliche Partei ist», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Deshalb sollten auch NPD-Mitglieder keine Erlaubnis bekommen, scharfe Waffen zu führen.» Ein Antrag auf ein Verbot der Partei war vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gescheitert. Thüringen dringt nun mit Hessen darauf, dass der Verfassungsschutz künftig bei der Vergabe von Waffenscheinen mitreden soll.

«Wir fordern eine Regelabfrage beim Verfassungsschutz durch die Waffenbehörden, bevor eine Erlaubnis erteilt und eine Waffe ausgehändigt wird», erläuterte Poppenhäger. Ein entsprechender Gesetzentwurf war vom Bundesrat mehrheitlich angenommen worden. Mit einer solchen Regelung soll es nach Angaben des Ministers deutlich schwerer werden für Extremisten, eine Waffe zu bekommen. «Scharfe Waffen gehören nicht in die Hände von Extremisten», betonte er. «Rechtlich ist es viel schwerer, Waffen wieder einzusammeln.»

Nach Angaben des Ministers könnte mit einer Verschärfung erreicht werden, dass neben NPD-Mitgliedern auch selbsternannte «Reichsbürger» keine Waffen mehr haben dürfen. Die Gruppierung erkennt die Bundesrepublik nicht als Staat an und spricht Behörden und Gerichten die Legitimität ab. «In das Gesetz soll eine Formulierung aufgenommen werden, wonach etwa Menschen, die Deutschland in seiner Existenz nicht anerkennen, grundsätzlich nicht die im Waffenrecht erforderliche Zuverlässigkeit haben», sagte Poppenhäger.

«Die Landkreise sind für das Waffenrecht zuständig und dort bleibt die Zuständigkeit voraussichtlich auch nach der Funktional- und Gebietsreform», unterstrich der Minister. In ganz Deutschland sei die Zuständigkeit überwiegend bei den Kreisen angesiedelt. «Ich wüsste nicht, warum die Thüringer Landkreise hierzu nicht in der Lage sein sollten», betonte er. Sein Ministerium unterstütze diese jedoch, falls es rechtliche oder praktische Fragen bei der Umsetzung gebe. «Das Waffenrecht ist Bundesrecht, und der Bund ist letztlich für dessen rechtliche Ausgestaltung zuständig.»

Die «Reichsbürger» waren Ende 2016 in den Fokus deutscher Sicherheitsbehörden gerückt, nachdem im bayerischen Georgensgmünd im Oktober ein Polizist getötet worden war, als Beamte ihn zu Hause aufsuchten, um ihm seine Waffen abzunehmen. Im November hatte sich in Reuden in Sachsen-Anhalt ein «Reichsbürger» einen Schusswechsel mit Polizisten geliefert, als Beamte dessen Haus zwangsräumen wollten.

Der Verfassungsschutz geht nach eigenen Angaben davon aus, dass der Gruppierung in Thüringen mindestens 550 Menschen zuzurechnen sind. 50 davon hätten einen rechtsextremen Bezug. Das Innenministerium hatte angeordnet, dass den Verfassungsschützern alle Aktivitäten gemeldet werden. Nach Angaben einer Sprecherin werden derzeit neue Erkenntnisse über die «Reichsbürger» gesammelt und ausgewertet. dpa