Die derzeit rund 800 Ausländer in Thüringen, deren Asylantrag rechtskräftig abgelehnt wurde, sollen bald in ihre Heimat zurückkehren. Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) und Migrationsminister Dieter Lauinger (Grüne) kündigten am Freitag in Erfurt an, die Abschiebungen zu beschleunigen. Künftig soll das Landesverwaltungsamt nicht mehr an der Entscheidung beteiligt sein. Stattdessen bekommen die Ausländerbehörden in den Landkreisen die alleinige Hoheit.

„Ich verspreche mir eine Verfahrensbeschleunigung von sechs Monaten“, sagte Poppenhäger. Bisher schicken die Ausländerbehörden die Akten an die Zentrale Abschiebestelle (ZAS) im Landesverwaltungsamt, hier wird der Vorgang noch einmal geprüft. Die ZAS kam den Angaben zufolge immer zum selben Ergebnis wie die Kommunen. „Das ist ein bürokratischer Flaschenhals, der zu Verzögerungen geführt hat“, sagte Poppenhäger. „Wenn man eine Akte wegschieben kann, ist sie erst einmal vom Tisch. Dieses Hin und Her wollen wir beenden“, sagte Lauinger. Im ersten Halbjahr 2015 waren in Thüringen 79 Personen abgeschoben worden.

„Wir werden sorgfältig prüfen, ob das zu einer Verbesserung führt“, sagte der Geschäftsführer des Landkreistags, Thomas Budde, zu der geplanten Neuregelung. Die AfD forderte, den Landkreisen mehr Geld zur Verfügung zu stellen, damit diese mehr Personal in den Ausländerbehörden einstellen könnten.

Ob abgelehnte Asylbewerber vorab über die Abschiebung informiert werden, sollten die Kommunen nach einer Einzelfallprüfung entscheiden, sagte Poppenhäger. Es sei ein Unterschied, ob eine Familie mit Kindern oder eine Einzelperson betroffen sei. Allerdings dürfe es angesichts der „angespannten Sicherheitslage“ und der „nicht unendlichen Ressourcen“ nicht Schule machen, dass Abschiebungen abgebrochen würden.

Die geplante Verfahrensbeschleunigung sehen die Minister als Vorbereitung, falls mehr Asylbewerber abgelehnt werden. Seit Jahresbeginn kamen rund 3000 Zuwanderer aus Balkan-Ländern nach Thüringen. Nach bisherigen Erfahrungen haben sie so gut wie keine Chance, Asyl zu bekommen. Daher könnten sie bald zur Ausreise aufgefordert werden. Kommen sie dem nicht nach, droht die Abschiebung. Überdies leben in Thüringen knapp 3000 abgelehnte Asylbewerber mit einer Duldung. Da diese oft befristet ist, könnte es auch hier zu Abschiebungen kommen.

Das für die Asylanträge zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte zum 31. Juli erst über 2808 der seit Jahresbeginn in Thüringen gestellten 7043 Asylanträge entschieden. Migrationsminister Lauinger sprach von einem „gigantischen Rückstau“. Er kritisierte die Bearbeitungszeit von rund acht Monaten.

Keine Vergrößerung in Suhl

Für die zentrale Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber auf dem Suhler Friedberg ist laut Migrationsminister Lauinger dem Land von Privat ein vierter Wohnblock angeboten worden. Man habe das Angebot jedoch abgelehnt. Die für rund 1200 Menschen vorgesehene Einrichtung ist mit knapp 1800 Bewohnern weiter stark überbelegt. „Ich suche rund um die Uhr nach Übernachtungsplätzen“, sagte Lauinger. Die Situation sei dramatisch.


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