Erfurt Freiwillig etwas tun - das soll als Ziel in der Verfassung stehen

Im Landtag werden derzeit drei Gesetzesentwürfe beraten, die alle ein Ziel haben: die Förderung des Ehrenamtes als Staatsziel in die Landesverfassung aufzunehmen. Für diese Vorhaben gibt es viel Lob; aber auch Kritik.

 
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Erfurt - Die Vertreter mehrerer Ehrenamtsorganisationen haben die Pläne grundsätzlich begrüßt, nach denen die Förderung des Ehrenamts in die Landesverfassung aufgenommen werden soll - und gleichzeitig angemahnt, dass die Politik es nicht bei diesem vor allem symbolischen Schritt belassen dürfe. Es mache "eindeutig" Sinn, in der Verfassung niederzuschreiben, dass der Staat das Ehrenamt besonders fördere, sagte zum Beispiel der Präsident des Landessportbundes, Stefan Hügel, am Freitag in Erfurt bei einer Anhörung im Thüringer Landtag. Immerhin wären dann zum Beispiel die staatlichen Verwaltungen im Freistaat dazu angehalten, das Engagement so gut wie möglich zu unterstützen und nicht mit unnötiger Bürokratie zu belasten. Auch bei Gesetzgebungsverfahren müssten die Auswirkungen auf das Ehrenamt dann stärker berücksichtigt werden. Allerdings könne die Politik zum Beispiel Vereine auch anderweitig unterstützen, wenn dies nicht in der Verfassung steht, sagte Hügel. Andere Anzuhörende äußerten sich ähnlich.

Statt fester Jobs?

Der Vizepräsident des Kulturrats Thüringen, Gideon Haut, etwa reagierte ebenfalls grundsätzlich positiv auf das Vorhaben. Allerdings müssten die Abgeordneten darauf achten, "nicht über das Ziel hinaus zu schießen". Mehr Ehrenamt als Staatsziel dürfe nicht dazu führen, dass noch mehr Ehrenamtler als bislang zum Beispiel in Museen die Aufgaben von hauptamtlichen Mitarbeitern übernehmen müssten, weil für Letztere kein Geld vorhanden sei. Nach der Aufnahme des Staatsziels sei die Arbeit noch lange nicht beendet.

Seit Jahren gibt es Kritik daran, dass Jobs nicht nur im Kultursektor, sondern besonders auch im Sozialwesen verschwinden. Stattdessen werde auf das freiwillige Engagement gesetzt, um etwa Patienten in Krankenhäusern zu begleiten oder Heimatmuseen zu pflegen. Schätzungen zufolge, die während der Anhörung zitiert wurden, ist etwa jeder dritte Thüringer in einem Verein oder einer ähnlichen ehrenamtlichen Organisation aktiv.

Sowohl Rot-Rot-Grün als auch die CDU und die AfD haben jeweils Gesetzesentwürfe vorgelegt, mit denen die Förderung des Ehrenamtes als Staatsziel in die Verfassung des Landes aufgenommen werden soll. Mit der Anhörung im Ausschuss am Freitag war jenen, die unmittelbar davon betroffen wären, die Gelegenheit gegeben worden, sich zu äußern. Zahlreiche der eingeladenen Verbände und Organisationen waren allerdings nicht zu dem Termin im Verfassungsausschuss des Landtages erschienen - darunter etwa der Gemeinde- und Städtebund sowie der Landkreistag. Auch mehrere Ehrenamtsorganisationen hatten ihre Teilnahme abgesagt oder sich nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Stefan Schrad (CDU) nicht zurückgemeldet.

Zu viel Bürokratie

Sowohl Hügel als auch Haut und der Vorsitzende des Vorstands der Thüringer Ehrenamtsstiftung, Frank Krätzschmar, kritisierten bei der Anhörung, neben bürokratischen Vorgaben - etwa im Bereich des Datenschutzes - litten viele Ehrenamtler und ihre Vereine und Verbände unter der Art und Weise wie das Land, aber auch die Kommunen Fördermittel vergeben. Dass Förderungen zum Beispiel in der Regel für höchstens ein Jahr bewilligt würden, führe dazu, dass Vereine am Ende des Jahres regelmäßig nicht wüssten, wie es im nächsten Jahr weitergehe.

Hügel sagte, diese Vergabepraxis führe besonders auch für die hauptamtlichen Mitarbeiter in den Vereinen und deren Familien zu einer großen Belastung. Sie müssten in ständiger sozialer Unsicherheit lebten. Nach den Erfahrungen des Landessportbundes brauche es aber oft die Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen.

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