Ehrlich – ich habe keine Ahnung von Dialekt im Allgemeinen und Rhöner Platt im Besonderen. Als gebürtiger Hallenser bin ich sogar froh, dass ich den typischen Dialekt meiner Geburtsstadt nicht spreche. Und doch: Zum 1. Mundartfestival in der Erlebniswelt Rhönwald habe ich mich wohlgefühlt, habe vieles verstanden, konnte mit dem zahlreichen Publikum oft herzlich lachen. Ob ich doch etwas von meinem Großvater Erich Meyer mitbekommen habe? Der war nämlich in den 1920er Jahren Dorfschulmeister in Kaltenwestheim, hatte sich Rhöner Mundart, Volkskunst und Geschichte verschrieben. Aber auch ohne diese Gene ist klar: Für jeden war äbbes dabei, äbbes versteht jeder.

Und so war es kein Wunder, dass die vielen Zuschauer – bei weitem nicht nur die älteren Semester – am späten Samstagnachmittag mit einem Lächeln im Gesicht den Veranstaltungsort um die Arche Rhönwald am Weidberg zwischen Kaltenwestheim und Oberweid verließen. Dafür gesorgt haben ein abwechslungsreiches und witziges Bühnenprogramm mit jungen wie älteren Akteuren, interessante Verkaufs- und Infostände unterschiedlichster Art, kulinarische Rhöner Köstlichkeiten sowie zahlreiche herzliche Gespräche unter Freunden und Bekannten, geführt in Platt und auf Hochdeutsch.

Viel Lob gab es daher für die Veranstalter – Meininger Tageblatt und Förderverein Weidberg/Rhön – sowie die vielen Helfer, darunter die Feuerwehr, der Jugendklub und die Chorgemeinschaft Kaltenwestheim, die Junior Ranger sowie das Deutsche Rote Kreuz. Zufrieden war denn auch Initiatorin und MT-Rhön-Redakteurin Iris Friedrich, nicht nur, weil Petrus perfekt mitspielte. „Die Mühen im Vorfeld und am heutigen Tag haben sich wirklich gelohnt“, resümierte sie. Vor gut einem Jahr war ihr durch eine Seminarfacharbeit am Rhön-Gymnasium zur Rhöner Mundart die Idee gekommen. „Marilena Kirchner gehörte zu dieser Gruppe und sang bei der Präsentation in Mundart. Das war wunderschön.“ Als sie dann kurz darauf Ursula Grammlichs „Bremer Stadtmusikanten“ auf Platt hörte, war ihr klar: „Beides muss man zusammen auf die Weidberg-Bühne bringen!“ Als dann Mathias Schmidt vom Weidberg-Verein zusagte und auch das DRK mit Fahrdienst und Rhöner Seniorenklubs ins Boot kam, war der Grundstein gelegt. Dass es am Ende eine derart große Veranstaltung werden würde, ahnte da aber noch niemand wirklich ...

Die Türen zur Erlebniswelt öffneten sich am Samstag bereits um 12 Uhr. Wer zeitig kam, konnte vor dem Bühnenprogramm nicht nur Hunger und Durst stillen, sondern das bunte Treiben auf dem kleinen Markt genießen. Da gab es jede Menge zu entdecken: handgemachte Naturseifen, Rhöner Postkarten, Holzkunst, Marmeladen, Schnaps und Pflanzen. Das Biosphärenreservat und die Junior-Ranger stellten sich vor; Letztere präsentierten auch Angebote der Meininger Mediengesellschaft – vom Tageblatt bis hin zu gesunden Aroniabeeren-Produkten. Die Unterweider Landfrauen zeigten historisches Waschgerät, Anne-Dorothea Barthelmes zeigte Rhöner Trachten, der Walldorfer Heimatverein bot Mundart-Bücher und CDs an.



Durch das mehrstündige Programm, geschickt unterbrochen von einer längeren Pause, führten mit Witz und Charme Ulrich Schramm und Waldemar Thomas. Sie konnten Ex-Landrat Ralf Luther begrüßen, der als Martin Luther den Menschen aufs Maul schaute. Ratschläge für den Alltag, für Politiker und deftige Sprüche hatte er mitgebracht. Mandy Vogler und die Knirpse der Waestemer Kita bewiesen, dass Rhöner Platt nicht nur etwas für die Großeltern ist. Ria Denner berichtete vom Rhöner Entdeckerpfad, Ulrike Heim rezitierte das Gedicht „Dr Waetzstäi“. Henry Hohmann und Erhard Dreßler begeisterten mit dem „Spottlied auf die Westheimer Frauen“. Volksmusik-Sternchen Marilena, die am Abend noch ein Konzert in Oberweid gab, eroberte nach der Pause die Herzen der Zuhörer im Sturm. Auch die Frankenheimer Kita-Kinder zeigten mit Gudrun Steinitz und Christine Lenhard was sie in Platt schon alles drauf haben. Ursula Grammlich zog dann das Publikum nicht nur mit den „Bremer Stadtmusikanten“ in ihren Bann. Die Platt schwatzenden Kinder aus Kaltenwestheim mit Brita Wolfram durften natürlich auch nicht fehlen. Zum Finale versammelten sich (fast) alle Akteure nochmals mit „Uli und Waldi“ auf der Bühne vor traumhafter Kulisse. Großer Beifall war ihnen auch da sicher. Und ein Wunsch war zu hören: Es sollte eine Fortsetzung geben! Zuvor trifft sich die Rhön aber auf dem Ellenbogen – am 6. August zur Einweihung von Noahs Segel.