Ilmenau "Klare Informationen und Orientierung sind jetzt wichtig"

Eleonora Hamburg
Prof. Martin Löffelholz, Leiter des Instituts für Medien und Kommunikationswissenschaft an der TU Ilmenau. Foto: Hamburg

Die Internationale Forschungsgruppe "Krisenkommunikation" an der TU Ilmenau beschäftigt sich auch mit der Kommunikation über das Covid 19-Virus.

 
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Ilmenau - Täglich erreichen uns neue Informationen über das Coronavirus. Wie diese von Politik, Unternehmen und NGOs kommuniziert werden, werten Kommunikationsexperten an der TU Ilmenau aus. Seit 2002 befasst sich die Internationale Forschungsgruppe "Krisenkommunikation" am Institut für Medien und Kommunikationswissenschaft mit der Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen im Kontext von Krisensituationen. Dabei beschäftigen sich die Wissenschaftler auch mit der Kommunikation über das Covid 19-Virus. Institutsleiter Martin Löffelholz ordnet die aktuellen Geschehnisse aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht ein.

Bedeutung von Krisenkommunikation: "Kommunikation ist ein Schlüssel zur Bewältigung einer Krise", erklärt Martin Löffelholz. Wenn diese nicht gut funktioniert, können sekundäre Krisen entstehen, wie er anhand eines Beispiels erläutert. "Ist ein Unternehmen von einer Krise betroffen, muss es klar kommunizieren, was es weiß und was noch nicht. Anderenfalls kann die Unsicherheit über die Zukunft der Firma wachsen und dadurch zum Beispiel die Aktienkurse fallen." Zudem könne man aus Krisenerfahrungen lernen und sich bei neuen Krisen besser aufstellen.

Krisenkommunikation und die Corona-Pandemie: Im Fall einer deutschlandweiten Krise wie der aktuellen Covid 19-Pandemie müssen sich Bund und Länder frühzeitig abstimmen. Das sei in Deutschland aufgrund der föderalistischen Struktur zum Teil nicht einfach umzusetzen. "Zu Anfang der Krise haben einzelne Bundesländer unterschiedliche Entscheidungen getroffen. Dass die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten nun weitgehend auf einer Linie sind, ist ein positives Zeichen", bewertet der Kommunikationsexperte die aktuelle Lage.

Rolle der Medien: "Die Medien in Deutschland haben ihre reflektierende kritische Funktion wahrgenommen", lobt er die Berichterstattung über das Coronavirus. Dabei gebe es jedoch Unterschiede zwischen Medien, die Qualitätsjournalismus machen, und den Boulevardmedien, von denen einige trotz der Verunsicherung vieler Menschen weiterhin reißerischen Journalismus betreiben. "Sensationsmache in Zeiten, in denen Menschen klare Informationen, Sicherheit und Orientierung brauchen, ist äußerst problematisch", kritisiert Martin Löffelholz. Außerdem müsse die Corona-Pandemie besser eingeordnet werden - etwa durch Hinweise auf die Folgen anderer Krankheitserreger: So starben durch die Grippewelle 2017/2018 in Deutschland mehr als 25 000 Menschen.

Schwerpunkt Südostasien: Ein aktuelles Forschungsprojekt an der TU Ilmenau beschäftigt sich mit der Krisenkommunikation in Südostasien. Das Projekt soll eine Bestandsaufnahme der letzten 30 Jahre sein und zur Verbesserung der Krisenforschung in dieser Region beitragen. "Obwohl Südostasien oft von Naturkatastrophen wie Erdbeben, Tsunamis oder Vulkanausbrüchen betroffen ist, steckt die Krisenkommunikationsforschung dort noch in den Kinderschuhen", berichtet Löffelholz. Gemeinsam mit einem Team aus wissenschaftlichen Mitarbeitern wertet der Kommunikationswissenschaftler Beiträge aus wissenschaftlichen Magazinen zu dieser Thematik aus. In diesem Zusammenhang untersucht Löffelholz auch, wie über das Coronavirus kommuniziert wird. "An der TU Ilmenau haben wir den Vorteil, dass wir das Material auch in verschiedenen asiatischen Sprachen auswerten können, da unsere Mitarbeiter zum Beispiel auch aus Indonesien, Vietnam und den Philippinen kommen", erklärt er. Später sollen auch die Länder China, Südkorea und Japan einbezogen werden.

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