Hildburghausen Staus in Zulassungs- und Führerscheinstelle: Warum ?

Ein Auto anmelden - das ist im Landratsamt Hildburghausen kurzfristig derzeit nur in Ausnahmefällen möglich. Längere Wartezeiten sorgen in der Bevölkerung für Unverständnis.

 
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Ein Auto anmelden - das ist im Landratsamt Hildburghausen kurzfristig derzeit nur in Ausnahmefällen möglich. Längere Wartezeiten sorgen in der Bevölkerung für Unverständnis. Doch woran liegt‘s? Antworten auf diese und weitere Fragen bekommt Freies Wort von Dirk Lindner, dem stellvertretenden Landrat des Landkreises Hildburghausen.

Herr Lindner, sind die Türen des Landratsamts wieder uneingeschränkt geöffnet?

Nein, noch nicht. Obwohl der normale Geschäftsbetrieb im Landratsamt seit dem 20. April wieder läuft und seit dem 6. Mai alle Mitarbeiter regulär zur Verfügung stehen, sind die Türen noch verschlossen. Grund ist die anhaltende Pandemielage. Es ist noch nicht vorbei - Corona nicht überstanden, auch wenn die Fallzahlen im Landkreis auf niedrigem Niveau sind. Deshalb ist das Amt für den Besucherverkehr noch nicht gänzlich geöffnet.

Was bedeutet das?

Eine vorherige Terminvereinbarung ist zwingend notwendig.

Das gilt auch für die Zulassungs- und Führerscheinstelle?

Ja, unbedingt.

Warum wird mit einem Terminsystem gearbeitet?

Das hat mit den einzuhaltenden Sars-CoV-2-Arbeitsschutzstandards zu tun. Die Beschränkungen der geltenden Thüringer Corona-Verordnung müssen eingehalten werden. Die baulichen Gegebenheiten im Landratsamt Hildburghausen und die Corona-Verordnung führen in Kombination dazu, dass gegenwärtig nur eine begrenzte Anzahl Besucher und Antragsteller zeitgleich Zugang zum Gebäude haben dürfen. Und das lässt sich am besten regeln, indem Termine vergeben werden.

Wie lange muss man gegenwärtig auf einen Termin in der Zulassungs- und der Führerscheinstelle warten?

Für einen Termin in der Zulassungsstelle liegt die Wartezeit bei etwa einer Woche. In der Führerscheinstelle dauert es länger. Zwei bis vier Wochen Geduld brauchen die Bürger hier.

Warum ist die Wartezeit so lange? Sind Zulassungs- und Führerscheinstelle nicht voll besetzt?

Doch, das sind sie. Aber wegen der bisherigen Thüringer Corona-Verordnungen wurden zahlreiche Schließungen von Einrichtungen angeordnet. Auch im Landratsamt sind die Kapazitäten heruntergefahren worden. Und so wurden deshalb seit dem 20. März nur Anträge bearbeitet, die der kritischen infrastrukturellen und systemrelevanten Aufrechterhaltung dienen.

Würden Sie bitte erklären, was das genau heißt?

Kritisch infrastrukturell und systemrelevant sind alle die Angelegenheiten, die wichtige gesellschaftliche Funktionen der Gesundheit, der Sicherheit und des wirtschaftlichen oder sozialen Wohlergehens der Bevölkerung dienen. Hierzu zählen beispielsweise die Zulassung von Rettungsfahrzeugen, aber auch die von Lieferfahrzeugen, denn ohne die können auch die Regale der Supermärkte nicht befüllt werden.

In dieser Zeit waren Autohäuser geschlossen. Das heißt, hier lagen keine Anträge vor. Das hat sich schlagartig geändert, als die Autohäuser wieder öffneten.

Dort hat sich also ein Stau gebildet, könnte man das so sagen?

Ja, das trifft’s gut. Während der Schließzeit der Autohäuser konnten bereits bestellte und produzierte Fahrzeuge nicht an Kunden ausgegeben werden. Nachdem wieder geöffnet war, kamen vermehrt Zulassungsanträge für bereits produzierte Fahrzeuge, die ausgegeben werden sollten.

In der Führerscheinbehörde staut sich’s ebenfalls. Woran liegt das?

Aufgrund der zeitweisen Schließung der Fahrschulen konnten sich angehende Fahrschüler nicht anmelden, keine Fahrstunden nehmen und auch keine theoretischen oder praktischen Prüfungen absolvieren. Nach Öffnung der Fahrschulen kam es vermehrt zu Anmeldungen. Dazu kommen gesetzliche Änderungen wie das Herabsetzen des Mindestalters fürs Fahren von Mopeds von 16 auf 15 Jahre, die Neueinführung der Erweiterung Fahrerlaubnis B auf B 196, mit der Krafträder bis zu 125 Kubikzentimeter gefahren werden dürfen. Das alles spiegelt sich in einer konstant hohen Anzahl an Antragstellungen wider.

Können Sie beziffern, wie viele Fälle pro Woche abgearbeitet werden können?

Allein im Zuständigkeitsbereich der Zulassungsstelle fallen für den regulären Bürgerverkehr 120 bis 180 Termine pro Woche an. Ende April haben wir zusätzlich am Mittwoch einer jeden Woche einen Händlertag für Autohäuser und andere Gewerbetreibende eingeführt. Durchschnittlich kommen an einem solchen Tag mittlerweile 220 Anträge hinzu. Seit diesem Monat gibt’s nun einen zweiten Händlertag - Montags. Allerdings können an beiden Tagen auch Bürger die Dienste der Stellen nutzen - ab 10 Uhr. Die Antragszahlen insgesamt haben sich im Vergleich zum Jahresbeginn übrigens um knapp acht Prozent erhöht.

Wie sieht es in der Führerscheinstelle aus?

Auch dort ist ein signifikanter Anstieg der Antragszahlen seit der schrittweisen Wiederaufnahme des Betriebes des Landratsamt zu verzeichnen. Allein im Monat Juli wurden hier 328 Führerscheinanträge gestellt, was im Vergleich zum Vormonat Juni einen Anstieg um 68 Prozent bedeutet.

Werden bestimmte Antragsteller bevorzugt behandelt?

Ja, aber nur in Ausnahmefällen. Solche gelten beispielsweise für Antragsteller, die aus dringenden beruflichen Gründen die Dienstleistungen der Zulassungsbehörde oder der Führerscheinbehörde in Anspruch nehmen müssen. Nur ein Beispiel sind Berufskraftfahrer, die zusätzlich Fahrerkarten benötigen oder deren Fahrerlaubnis in Kürze abläuft. Es betrifft aber auch Antragsteller, die aus beruflichen Gründen erstmals eine Fahrerlaubnis für Bus oder Lkw benötigen.

Im Bereich der Zulassungsstelle werden allen voran Anträge von Gewerbetreibenden bearbeitet, die für ihren Betrieb Fahrzeuge benötigen. Kurier-, Lieferdienste aber auch Bauunternehmen oder Speditionen seien hier genannt. Nach sorgfältiger Prüfung werden für diese Spezialfälle kurzfristige Termine vorgehalten.

Es geht also eine Flut von Anträgen ein. Und offensichtlich fehlt es an Mitarbeitern. Wird hier an der Personalschraube gedreht?

Natürlich sind die Mitarbeiter beider Bereiche bemüht, neben dem Tagesgeschäft zusätzlich auch die aufgelaufenen Rückstände abzuarbeiten. Dennoch ist die Problematik der aktuell längeren Wartezeiten auf einen Termin bekannt. Wir sind bestrebt, diesem Problem entgegen zu steuern. So wird es ab Oktober tatsächlich auch eine personelle Verstärkung in der Fahrerlaubnisbehörde geben. Doch auch dann wird nicht alles von heute auf morgen erledigt werden können. Ich bitte deshalb an dieser Stelle um Verständnis, dass die Abarbeitung trotz personeller Aufstockung noch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen wird.

In der Zulassungsbehörde sollen nach Beschluss des neuen Stellenplans zu Beginn des kommenden Jahres drei neue Vollzeitstellen geschaffen werden.

Mehr Personal - das klingt gut. Wird dann auch die telefonische Erreichbarkeit besser? Immer wieder ist zu hören, dass diese problematisch ist.

In Führerschein- und Zulassungsbehörde gehen eine Vielzahl von Telefonaten ein, und es gibt Anfragen per E-Mail. Das ist uns bekannt. Doch ich kann nur noch einmal für Verständnis werben. Mitarbeiter können sich nicht zerteilen. Befinden sie sich im Kundenkontakt können sie nicht zeitgleich Anrufe annehmen oder E-Mails beantworten.

Wir leben in der Zeit der Digitalisierung. Viele Verwaltungen bieten Möglichkeiten, bestimmte "Behördengänge" online zu erledigen. Hat das Landratsamt Hildburghausen so etwas im Kfz-Bereich im Angebot?

Ja. Wir bieten an, ein Fahrzeug online außer Betrieb zu setzen - und das gleiche Fahrzeug bei gleichbleibendem Halter wieder zuzulassen. Zu Beginn der Pandemie haben wir hier einen Anstieg der Anträge für die Onlineaußerbetriebsetzung registriert.

Sind im Online-Bereich weitere Angebote in Planung?

Ja, die wird es geben. Allerdings gilt es hier erst einmal weitere rechtliche und technische Voraussetzungen zu schaffen.

Interview: Katja Wollschläger

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