Kainingen heißt das Städtchen, dessen Erfindung die beiden Autoren Aron Craemer und Mandy Rudski für sich in Anspruch nehmen. Ein Ort mit ähnlichem Namen muss ihnen dabei im Sinn gewesen sein: Die Silhouette mit Stadtkirche, Turm des Lust-Schlosses und Theaterportal - alles glaubt man schon einmal in echt gesehen zu haben. Auch den Park auf dem Vorhang, der - in bester Volkstheater-Tradition - in diesem Stück andauernd auf- und zugezogen wird.

Hinter dem Vorhang - und vor der Silhouette - findet sich links eine aus Brettern gezimmerte Marktbühne, auf der erstklassige Schauspieler drittklassige Kollegen mimen. Rechts, auf der steinernen Bühne eines offensichtlichen Hoftheaters ist das künstlerische Personal zwar eine Klasse besser, muss aber ohne Publikum auskommen. Bei Hofe wird nur geprobt. Wobei Hamlet (Yannick Fischer), der kotzend über die Bühne kriecht und den Vorstellungen der schauspielernden Regisseurin Elena (Mandy Rudski) nicht zu genügen scheint, auf der Volksbühne gegenüber sicher gut aufgehoben wäre. Beim Kaininger Publikum ernten Amateur-Darstellerin Luise (Mira Elisa Goeres, Schauspieler Jakob (Peter Liebaug) und Intendant Tom (Phillip Henry Brehl) mit entblößten Hinterteilen johlenden Applaus. Auch brennende Pupse werden gern gesehen. "Sie wollen lachen, sie wollen was fürs Auge", erklärt Jakob den Geschmack der Leute. Die Szene ist eine der schönsten des Stücks. Auch wenn das Publikum in den Kammerspielen bei der Premiere am Freitagabend darüber nicht so richtig lachen kann.

Erkennt es sich etwa wieder? "Theater, Tod und Teufel" spielt laut Programmheft Anfang des 18. Jahrhunderts - möglicherweise aber auch 100 Jahre später. So genau weiß man es nicht. Das Stück, tituliert als "Bühnen-Saga", würfelt Figuren und Legenden der Meininger Stadtgeschichte wild zusammen. "Klöß' und Brüh'" werden auf dem Marktplatz feilgeboten, Shakespeares Stücke am Hoftheater inszeniert. Altherzog Richard sieht zwar aus wie Georg II, ist aber nur der abgedankte Vater von "Theaterherzog" Ferdinand (Vivian Frey). Dessen Geliebte, die Schauspielerin Elena, wohl oder übel Freifrau Helene kopiert. Mit Kaspar wird sogar die bucklige Verwandtschaft bei Hofe aus der Gruft gezerrt - so es denn je eine gegeben hat.

Und? Wozu das ganze? Auch den beiden Autoren muss aufgefallen sein: Ein paar launige Karikaturen machen noch kein Stück. Sie sind allesamt gut gespielt, keine Frage, aber was erzählen sie? Craemer und Rudski bemühen den Krimi, um dem Ganzen Handlung zu verschaffen. Mädchen werden erstochen, bei denen sich rote Schnupftücher finden. Die Schwester des Intendanten des Doppelmords wird beschuldigt und hingerichtet. Sie war, wird behauptet, Nachfahrin des biblischen Kain - also so etwa wie eine Untote. Womit sich die Autoren ins Reich der Götter und Dämonen begeben.

Leider, muss man sagen. Je mehr Craemer und Rudski ihrer "Bühnen-Saga" zumuten, desto verwirrter wirkt sie. Zuallererst: Auf was genau soll sich das Publikum einlassen? Eine sechsteilige Fortsetzungs-Geschichte, eine Art Soap, heißt es am Theater. Zu sehen sind nun ganz offenbar die ersten beiden Teile. So genau erfährt es das Publikum nicht. Ob es weitere Episoden gibt, hängt vom Erfolg ab, hört man. Das Publikum applaudierte am Freitagabend artig. Überzeugt war es kaum. Alle drei Monate eine Episode - das war die Idee, die einst noch Patrick Seibert hatte. Davon ist das Theater abgerückt. Doch ohne zeitnahe Fortsetzung ist "Theater, Tod und Teufel" ein witzloses Unterfangen.

Und dann: Komödie oder Krimi? Die Autoren, die auch Regie führen, wollen oder können sich nicht entscheiden. Das hat Folgen: Für den Krimi fehlt die Handlung, für die Komödie die Dramaturgie. Schließlich: Von allem ein bisschen - die Idee der Soap - funktioniert nur, wenn die Figuren ihre Geschichten erzählen. Bei "Theater, Tod und Teufel" tun sie es nicht. Deshalb wird die Schauspielerei zum einzig Erfreulichen des Abends. Es macht den Protagonisten offensichtlich Spaß, sich an Figuren zu probieren, die sie selbst erfinden können. Dem Publikum macht Spaß, den tollen Fähigkeiten der beteiligten Schauspieler locker zu begegnen. Dazu liefert das Stück den Anlass. Mehr nicht. Einer sticht heraus: Vivian Frey. Wie er Herzog Ferdinand spielt, dessen irgendwie behinderten Bruder und den schrägen Leichenbestatter - das ist einfach brillant. Jeder und jeder hat so seine Kabinettstückchen-Momente. Das ist sehenswert - immerhin. Durchgehend inszeniert sind diese Figuren nicht. Aber vielleicht sollte man eine Soap auch nicht so ernst nehmen.

Nächste Vorstellungen: 23. September und im Oktober