Suhl – Man muss schon genau hinschauen, um festzustellen, dass sich der Wildwechsel in der DDR vom Wildwechsel im neuen Deutschland fundamental unterscheidet – jedenfalls, was das Verkehrschild angeht: In der DDR eilt der Hirsch über die Straße, in Deutschland setzt er zum Sprung an. Wir ahnen schon, das hat nichts damit zu tun, dass der Trabi bloß 26 PS unter der Haube hat und folglich rein kräftemäßig nicht auf Hirschjagd gehen kann. Das Schild ist, natürlich, ein Vereinigungspolitikum, wie uns zwei ältere Herren – der eine Politiker (West), der andere Schauspieler (Ost) – bei einer Art Heimatabend im Suhler Congress-Centrum erklären. So habe die Nachwende-Bundesregierung aus Sicherheitsgründen, enthüllt Schauspieler (Ost), dem BRD-Bürger bei seinem möglichen Besuch in den neuen Bundesländern das DDR-Schild nicht zumuten wollen. Womöglich wären die schnellen Droschken aus dem Westen im Graben gelandet. Wogegen sie dem DDR-Bürger durchaus zutraute, auf das BRD-Schild umzulernen, ohne Unfälle zu verursachen. Deshalb springe nun der Hirsch, wo er früher nur lief. „Hm, hm, hm“ brummelt da der Politiker (West). Und im Saal lachen sie allesamt herzlich.