Am Ende, natürlich, geht es auch in Leipzig um das gedruckte Wort. "Aber", würde der Ilmenauer Verleger Lutz Gebhardt jetzt einwenden, auch Landkarten seien ja etwas Gedrucktes, sie böten Informationen wie ein Text. Das stimmt. Und deshalb sind Landkarten in den endlosen Bücherregalen der Messestände auch so selbstverständlich wie Hörbuch-CDs mit gesprochenen Worten, Ausmal-Hefte oder Wandkalender. Tummeln sich die klassischen Verlage genauso wie im Internet aktive Fotobuch-Hersteller. Finden sich Marketing-Offerten für Kultur-Städte wie Menschen, die bunte Regenschirme anbieten, oder Noten, oder witzige Geldbörsen. Um das Kulturgut Buch scharrt sich in Leipzig eine Szene, die auf Partizipation hofft. Jedes Jahr ein bisschen mehr. Allen voran die abertausenden Manga-Fans in ihren schrägen Verkleidungen, für die es seit Jahren die Messehalle Eins als Mekka gibt. Der gedruckte Comic ist hier nur noch ein Nischenprodukt. Längst kommuniziert die Szene elektronisch. Vor Ort aber läuft die reality-Show. Tauchen Kinder und Jugendliche mit ihren Kostümen ein in fantastische Welten. Sie wollen gesehen werden. Das hat mit Büchern nichts zu tun, beschert der Messe jedoch in jedem Jahr beachtliche Besucherzahlen.

Und so ist es vielleicht nicht ganz falsch, die Buchmesse nicht nur als Treffpunkt für Leseratten zu sehen, sondern auch als einen Spiel- und Marktplatz, als ein großes Happening. Natürlich bestimmen tausende Lesungen mit tausenden Zuhörern das Programm, ist es immer noch üblich, in den an den rund 2500 Ständen ausgelegten Büchern zu blättern und zu lesen. Für viele ist es aber einfach schön, sich in dieser Kultur-Oase Buchmesse treiben zu lassen. Fast alle Leidenschaften werden hier irgendwie bedient. Nur wer genauer hinschaut, merkt schnell: Verleger und Autoren werden in dem hart umkämpften Buchmarkt mehr und mehr zu Idealisten. Gerade in Thüringen.

Mag sein, dass hierzulande Leseland ist. Ein Land der Verlage ist Thüringen aber nicht. 91 sind es aktuell an der Zahl - fast alle zählen zur Gruppe der Kleinst- und Kleinverlage. Wie Bastian Salier aus Hildburghausen, der seinen Verlag vom Vater Hans-Jürgen übernommen hat. Nach der Wende druckte der vor allem Regionalliteratur. Längst ist der Verlag nach Leipzig umgezogen - ideell versteht sich Bastian Salier noch immer in der Heimat verankert. Seine Nische hat er mit Literatur zur Freimaurer-Bewegung gefunden. In ein paar Tagen veröffentlicht er eine Stadtgeschichte Hildburghausens - und setzt damit wieder eine lokale Note. Seine Botschaft: Es gibt uns noch. Davon leben? Wohl eher nicht.

Der Messe-Streifzug auf der Suche nach Thüringer Büchern zeitigt vor allem eine Erkenntnis: Ohne den Idealismus der Verleger und Autoren gäbe es wohl diese Branche hierzulande nicht mehr. So ist es bei Ines Rein-Brandenburg vom Kern-Verlag in Ilmenau, der immerhin zwölf neue Bücher mit zur Messe gebracht hatte. Oder bei Michael Kirchschlager aus Arnstadt, der neue Kriminal-Sachbücher auslegte. Und doch - und das lässt hoffen - finden selbst die kleinen Verlage immer wieder Autoren, die an das Buch glauben: Etwa den Gothaer Bürgermeister Knut Kreuch, der im Ilmenauer Rhino-Verlag eine kleine Geschichte der Thüringer Tracht vorlegte. Oder der Steffen Knabe von der Knabe Verlagsbuchhandlung Weimar, der die Meininger Autorin Antonia Kraus mit einem fantastischen Roman, in denen Zahlen und Zeichen die Hauptrolle spielen. Beide fanden ihre Zuhörer - mitten im Getümmel. Beide sind - irgendwie - Idealisten.