Arthur Schnitzler, "Das weite Land" und das Innenleben eines Theaterbetriebs - das beschäftigte Werner Schneyder, als er 1998 zum ersten Mal nach Meiningen kam, um zu inszenieren. Wohl niemand ahnte damals, dass sich der prominente Österreicher, der sich schon zu DDR-Zeiten mit Dieter Hildebrandts Kabarett beim hiesigen Publikum beliebt gemacht hatte, auch für den Mikrokosmus Meiningen so sehr interessiert, dass er seine Eindrücke und Erlebnisse sogar aufschreiben und drucken lassen würde. Gefragt nach dieser speziellen Neugier für das Theater und seine Menschen, bekannte Schneyder 2013, bei seinem zweiten Meininger Regiearbeit: "Mich interessiert über das Stück hinaus immer die Theatersoziologie. Ich beurteile Theater auch als Zentrum von Kulturstädten. Und da ist Meiningen ein absolutes Unikum."

Als ihn Ulrich Burkhardt 1997 anrief um ihn zu engagieren, hatte er gerade einen Spiegel -Artikel gelesen über das "Meininger Theaterwunder". 15 Jahre später - er inszenierte auf Einladung von Ansgar Haag Georges Feydeaus Komödie "Die erotischen Erfolge des Monsieur R." - sah er genau diesen Artikel bestätigt: "Es ist ein Wunder. Hier gehen Menschen ins Theater aus einem Kreis, der bis nach Frankfurt/Main reicht. Das ist eine kultursoziologische Sensation in einer Stadt mit kaum 20 000 Einwohnern."

Womöglich war das die Art von Werner Schneyder, seine Liebe zu bekunden. Nicht gerade heraus etwas zu behaupten, sondern in den Eigenheiten und Eigenartigkeiten etwas Liebenswertes zu entdecken. So könnte man sein Buch "Meiningen oder die Liebe und das Theater" auch lesen. Mit ihm hat er - nach der Premiere im April - im Herbst 1998 für einen kleinen Theaterskandal gesorgt. Denn er reflektiert in seinem Buch nicht nur über das Theater an sich, er erzählt auch von seiner Inszenierungsarbeit, nennt Protagonisten, schildert Skurriles, verrät eigentlich Intimes. Das nimmt ihm das Theater übel: Am ersten Oktober-Wochenende 1998 liest er vor der Wiederaufnahme der Schnitzler-Inszenierung noch auf der großen Bühne - eine Woche später waren die Kulissen für "Das weite Land" auf wundersame Weise zerstört und man musste das Stück absetzen. Die neue Theater-Intendantin Christine Mielitz erklärte, man habe es aus "ökonomischen Gründen" aus dem Programm genommen.

15 Jahre später, im April 2013, erinnert sich Werner Schneyder in Meiningen so: "Ach, ich habe das damals gar nicht so dramatisch gesehen. Mir war bewusst, dass ein paar Leute in ihrer persönlichen Eitelkeit ein bisschen gekränkt waren. Aber mir war wirklich klar, dass mein Buch nur ein kleines von vielen Büchern ist, die über Theater geschrieben werden. Mittlerweile ist es ein Klassiker." Und er fügte seinerzeit selbstkritisch hinzu: Würde er das Buch noch einmal schreiben, würde er wohl zwei, drei Stellen anders zu Papier bringen.

Aber mal ehrlich: Wer hatte von einem politischen Kabarettisten wirklich erwartet, dass er sich an alle ungeschriebenen Gesetze der Theaterkunst halten würde? Die Versuchung zum Seitenhieb war wohl einfach zu groß. Das Buch aber hat den Meiningern am Ende eher genutzt, als geschadet. Denn der Versuchung, noch einmal zurück zu kommen an dieses Haus, der ist Werner Schneyder erlegen. Und also war es doch auch eine Liebe, die ihn mit Meiningen verband. "Ich kannte Werner Schneyder schon lange. Als ich nach Meiningen kam, habe ich ihn schon früh als Regisseur vorgeschlagen. Ich wusste zunächst nichts davon, was sein Buch hier ausgelöst hatte", erinnert sich Intendant Ansgar Haag. Schneyder hatte ihm das Buch geschenkt und er fand es gut. "Erst Jahre später hatte ich den Mut, ihn zu engagieren, so Haag: "Und der Erfolg der von ihm inszenierten Farce "Die erotischen Erfolge des Monsieur R." von Georges Feydeau gab uns Recht"