Zahnarzt im Ruhestand Mathias Eckardt gibt den Bohrer weiter

Karin Schlütter
Zahnarzt Mathias Eckardt aus Schleusingen geht in den Ruhestand. Seine Praxis übernimmt Isabell Tietz. Foto: /Bastian Frank

43 Jahre lang hat Mathias Eckardt Menschen auf den Zahn gefühlt. Jetzt hat sich der Schleusinger Zahnarzt aus dem Berufsleben verabschiedet. Doch die Brauhausgasse 4 wird Zahnarzthaus bleiben. Isabell Tietz wird die Praxis dort nahtlos weiterführen.

 
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Viele Freunde, Kollegen, langjährige Patienten, Wegbegleiter sind gekommen, als Mathias Eckardt sich offiziell in den Ruhestand verabschiedet. Zum 31. Dezember endet seine Tätigkeit in der Praxis, in der er so vielen Menschen mit seiner ruhigen sanften Art geholfen hat, Zahnschmerzen los zu werden und jedes Zahnproblem zu lösen.

„Wenn ich zurückblicke“, sagt der 69-Jährige, „sehe ich einen langen Weg, der immer diesem einen Ziel gefolgt ist, selbstständig in eigener Praxis zu sein.“ Mit zwölf, dreizehn Jahren wollte er Uhrmacher werden, natürlich in eigener Werkstatt. „Doch da sollte ich ins Uhrenkombinat Sonneberg. Damit war mein Ziel im Sozialismus wohl nicht zu erreichen.“ Mathias Eckardts Tante Gertrud Kämper erkannte sein Ziel und machte ihm den Beruf als Zahnarzt sympathisch. Das Leben nimmt seinen Lauf. Abitur an der damaligen Max-Greil-Oberschule. „Gute Lehrer haben mir eine solide Basis mit auf den Weg gegeben“, sagt er dankbar. Das Studium zur Zahnmedizin allerdings sei ihm von staatlicher Seite ausgeredet worden. Er bewirbt sich für EDV und bekommt einen Studienplatz für sozialistische Betriebswirtschaft. „Ich, der mit dem damaligen Diktatursozialismus absolut nichts am Hut hatte...“

Der lange Weg zum Ziel

Mathias Eckardt folgt einem guten Rat von Dr. Horst Edelmann, einem Arzt aus Waldau, und beginnt seine Tätigkeit als Hilfspfleger in einer Kieferchirurgischen Klinik in Erfurt für 350 DDR-Mark im Monat. Seinen Studienplatz gibt er zurück. Während seines Grundwehrdienstes auf Rügen als Sanitäter steuert er erneut sein Ziel an, Zahnmedizin zu studieren. Er hat Glück, der VIII. Parteitag der SED hatte festgestellt: Zahnärzte braucht das Land. Es folgt das Studium in Jena und Erfurt mit dem Abschluss 1979. Der Staat lenkt, und der Dipl.-Stomatologe kommt für eine vierjährige Assistenzzeit an eine Poliklinik in Ilmenau. Noch ist die selbstständige Praxis fern, aber es bietet sich eine Chance in der Außenstelle der Landambulanz Schönbrunn in Waldau und in Merbelsrod. „Hier“, erzählt er, „konnte ich zwar selbstständig arbeiten, aber selbstständig bestellen konnte ich nichts.“ Hartnäckig steuert Eckardt eine Staatspraxis an. Die war schon in vielem eigenständiger, aber nicht einfach zu haben. Erst die politische Veränderung 1989 gibt ihm die Möglichkeit, in eigener Praxis tätig zu sein. 1990 ging es los.

Mit Schwester Bärbel und Schwester Heidi geht es zum Hospitieren zu einem Kollegen nach Nürnberg. Banken, Versicherungen, Depots und Steuerberater sind jetzt gefragt. Da ist das Haus in der Brauhausgasse 4 schon längst Eckardts Eigentum, aber die Poliklinik betreibt noch die eingemietete Praxis. In der neuen Zeit lässt sich das recht schnell lösen, und der Umbau kann beginnen. Zunächst nach Feierabend, neben der Arbeit. Die Einrichtung erfolgt dann schon professionell durch Handwerker. „Die Familie stand stets hinter mir, auch wenn die hohen Schulden besonders von meiner Frau Sieglinde erst verkraftet werden mussten“, erinnert sich der Zahnarzt. „Eine starke Hilfe und immer zur Stelle war auch Oma Ruth, die uns in vielem den Rücken frei hielt.“

Im Dezember 1990 ist es dann soweit, ein Behandlungszimmer ist fertig. Recht schnell folgt das zweite. „Damals ging mein Arbeitstag oft bis 21 Uhr, und jeden zweiten Samstag wurde gearbeitet. Ich habe abends oft im Stillen gebetet, dass ich am nächsten Tag wieder fit bin“, erzählt Mathias Eckardt mit leisem Lächeln. „Ich hatte wieder Glück. Die vielen schönen neuen Möglichkeiten, wie Patienten geholfen werden konnte, waren motivierend, gaben mir Kraft und Zuversicht.“ Das dritte Behandlungszimmer für die Prophylaxe wurde angebaut, die Rezeption vergrößert und sanitäre Anlagen verbessert.

Das Team bleibt

Mathias Eckardt hat ein gutes Team zur Seite. Begonnen hat es mit Bärbel und Heidi, Marina und Hannelore kamen dazu, dann der erste Azubi, weitere folgten. „Ich freue mich, dass alle Ausgebildeten gut eingeschlagen sind, zwei sind auch wieder in der Praxis tätig: die Zahnmedizinische Prophylaxeassistentin Bianka Voit und die Zahnärztin Isabell Tietz, die neue Chefin im neuen Jahr. Und so kann ich sagen, ich hatte wieder Glück.“ Und Glück haben auch die Patienten, denn es wird weitergehen mit dem vertrauten Team, das ab Januar der neuen Chefin zur Seite steht.

Tote haben kein Zahnweh

Und was macht ein Zahnarzt im Ruhestand? Mathias Eckardt hat im wahrsten Sinne ein bezauberndes Hobby, dem er sich nun mit seiner neu gewonnenen Freizeit widmen kann. Außerdem ist er als Stadtrat mit CDU-Mandat gefordert und engagiert in der Stiftung des Hennebergischen Gymnasiums. Und da ist ja auch seine Frau Dr. med. Sieglinde Eckardt, die in Suhl eine psychotherapeutische Praxis für Kinder und Jugendliche betreibt und sehr gerne Krimis liest. Da wird das Geschenk einer Schleusinger Zahnarztpraxis zu Mathias Eckardts Abschied wohl gleich eine Leserin finden „Tote haben kein Zahnweh“.

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