Rennrodel-Weltcup in Oberhof Wetterkapriolen: Wer bremst, gewinnt

Frank Kastner und Gerald Fritsche
Vater und Sohn: Felix Loch und Bundestrainer Norbert Loch. Foto: dpa/Jan Woitas

Auch die Kunsteisbahnen leiden unter den anhaltenden Wetterkapriolen. Das hat jüngst im Rennrodeln zu teils grotesken Situationen geführt.

 
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Seit jeher kämpfen die Rennrodlerinnen und -rodler um jede Tausendstelsekunde. Nun sind plötzlich irre Szenen zu sehen. Aufgrund der Wetterkapriolen in den vergangenen Wochen wird abgebremst, um auf den Wasserrutschen ähnelnden Kunsteisbahnen mit besserer Startnummer im zweiten Lauf zum Sieg fahren zu können. Die Besten des ersten Laufs starten zuletzt – die Bahn wird von Fahrt zu Fahrt schlechter.

„Das war mehr Pokern als Rodeln“, sagte der dreimalige Olympiasieger Felix Loch am vorigen Sonntag beim Weltcup in Oberhof. Weltmeister Max Langenhan gab vor dem nächsten Rennen an diesem Wochenende auf seiner Heimbahn zu, ebenfalls gebremst zu haben: „Es ist schade für den Sport, aber man will gewinnen und tut dann alles dafür.“

Wie er bremsten einige andere Athleten in Lauf eins mit den Füßen auf dem Eis oder bauten absichtlich Fehler ein. Das Erscheinungsbild der Sportart leidet. Daher fordern die Sportler Änderungen – und der Weltverband Fil sucht nach Lösungen. „Es so hinzubiegen, dass es bei den widrigen Bedingungen gerecht wird, ist schwer. Ich muss mit den Begebenheiten zurechtkommen“, sagte Fil-Sportdirektor Matthias Böhmer. Da könne man beim Rennrodeln am Set-up mehr machen als beim Bob oder Skeleton. „Wir müssen aber auch das Reglement so hinbekommen, dass das Beste für den Sport rauskommt.“

Dabei muss er die Balance finden, um kein politisches Thema daraus werden zu lassen. Immerhin sind die Interessen von 52 Ländern zu berücksichtigen. „Wenn wir das Reglement grundsätzlich ändern, geht es durch alle Instanzen“, sagte der 33 Jahre alte Böhmer, der einst Rennrodler und Bobpilot war. 

Deshalb tut er sich schwer mit „Ad-Hoc-Entscheidungen, die weitreichende Konsequenzen haben können. Wir müssen das Gesamtkonzept überdenken“, regte er an. Auch der Rennkalender und die Reisewege werden mittlerweile mit der Standortfrage und erwartbaren Temperaturen abgestimmt. „Aber was ist klimatechnisch heute noch normal?“, fragte Böhmer. „Wenn wir Regionen mit 15 bis 20 Grad haben, müssen wir beim Standort schauen, ob es Sinn macht.“ Immerhin wurde der Saisonstart schon in den Dezember verlegt, früher ging es im November los. 

Vor dem Weltcup an diesem Wochenende in Oberhof geht der bange Blick daher auf die Wettervorhersage. Die wenig winterlichen Temperaturen seien nicht das größte Problem, sagte Heiko Krause, der technische Leiter des Oberhofer Wintersportzentrums. Das Regenwasser aus der Bahn zu bekommen, sei viel schwieriger. Wenn es nur leicht regne, sei dies aber beherrschbar, sagte Krause.

Doch das generelle Problem ist damit nicht gelöst, zumal es nicht nur Oberhof betrifft. Ähnlich erging es den Athleten bereits beim Weltcup in Altenberg vor zwei Wochen. Unabhängig von den Vorgaben der übertragenden TV-Sender oder des kaum Spielraum gebenden Zeitplans mit immer mehr Disziplinen sind Lösungen dringend erforderlich.

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