Wahlanalyes im Ilm-Kreis Ilm-Kreis fast komplett in Blau

Berit Richter
Der Ilm-Kreis hat blau gewählt. Nur in Bösleben-Wüllersleben lag die SPD am Sonntag bei den Erststimmen vor der AfD. Foto: Landeswahlleiter

Die AfD gewinnt erstmals das Direktmandat im Wahlkreis 192 Gotha/Ilm-Kreis, die CDU schneidet so schlecht ab, wie noch nie. SPD, FDP und Grüne legen zu, Die Linke verliert.

 
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Historisch schlechtes Abschneiden für die CDU bei einer Bundestagswahl: Mit 18,4 Prozent verlor Direktkandidat Tankred Schipanski 10,5 Prozent gegenüber der Wahl 2017 und damit auch sein Mandat im Deutschen Bundestag. Und auch bei den Zweitstimmen fuhr seine Partei das schlechteste Wahlergebnis seit der Wiedervereinigung ein. Nur noch 15,5 Prozent der Wählerinnen und Wähler gaben der Union ihre Stimme, ein Minus von 12,2 Prozent. Bei den absoluten Wählerstimmen hat sich die Zahl fast halbiert.

Im Ilm-Kreis lag Tankred Schipanski in keiner einzigen Kommune in der Wählergunst vorn. Einzig im Landkreis Gotha konnte er in Bienstädt, Nesse-Apfelstädt und Nottleben seine Mitbewerber schlagen. In Tröchtelborn lagen Schipanski und Michael Müller (SPD) gleich auf.

Von den 16 Kommunen im Ilm-Kreis gewann AfD-Kandidat Marcus Bühl 15. Einzig in Bösleben-Wüllersleben gab man Müller den Vorzug. Der Waltershäuser lag zudem in sechs Kommunen im Landkreis Gotha in Front. Teilweise kam es dort zu sehr knappen Ausgängen mit nur wenigen Stimmen Unterschied zwischen Müller und Bühl. In Sonneborn zum Beispiel entschied eine einzige Stimme zu Gunsten des AfD-Kandidaten, in Dachwig hatte Müller um zwei Stimmen die Nase vorn.

Sein bestes Ergebnis im Ilm-Kreis erzielte Tankred Schipanski mit 26,5 Prozent in Alkerlseben. Einzig in Bösleben-Wüllersleben blieb er noch knapp über 20 Prozent (20,2 Prozent). Die wenigsten Stimmen konnte der CDU-Kandidat in Dornheim mit 13,3 Prozent und in Arnstadt mit 14,8 Prozent erzielen. Noch schlechter schnitt Schipanski nur in Zimmersupra im Landkreis Gotha ab, wo gerade einmal zehn Prozent der Wähler für die CDU votierten. Generell waren seine Wahlergebnisse im Nachbarkreis allerdings besser als im heimischen Ilm-Kreis. Das beste Ergebnis gab es mit 28,5 Prozent in Nottleben.

Auffallend: Schipanski holte trotz der enormen Verluste in den meisten Orten noch deutlich mehr Prozentpunkte als seine Partei mit der Zweitstimme. Einzig mit den 29,7 Prozent in Nottleben dürfte man halbwegs zufrieden sein. Neben Bienstädt der einzige Ort, indem die CDU noch stärkste Kraft wurde. Das beste Zweitstimmenergebnis im Ilm-kreis gab es in Alkersleben mit 22,8 Prozent, das einzige 20er Ergebnis der Partei. In Dornheim hingegen wollten nur noch 10,8 Prozent der Wähler ihr die Stimme geben.

Mit seinen 18,4 Prozent hat Tankred Schipanski das zweitschlechteste Ergebnis aller acht Thüringer CDU-Direktkandidaten erzielt. Auch bei den Zweitstimmen hält der Wahlkreis 192 das zweitschlechteste Ergebnis.

Marcus Bühl holte mit 26,5 Prozent 2,6 Prozent Stimmen mehr als 2017 und das bisher beste AfD-Erststimmen-Ergebnis. Bei den Zweitstimmen konnte man um 1,9 Prozent auf 26 Prozent zulegen. Bis auf Bösleben-Wüllersleben ging auch bei den Zweitstimmen der komplette Ilm-Kreis an die AfD. Die höchste Prozentzahl gab es mit 40,2 Prozent in Dornheim. Dort hatte auch Marcus Bühl mit 42,1 Prozent sein bestes Resultat. Die wenigsten Stimmen gab es mit 22,1 Prozent Erst- und 21,6 Prozent Zweitstimmen in Elleben. Die besten Ergebnisse im gesamten Wahlkreis gab es mit 40,5 Prozent in Zimmersupra (Erststimme) und 40,2 Prozent in Tüttleben (Zweitstimme).

Die SPD erzielte den größten Stimmenzuwachs im Vergleich zur letzten Bundestagswahl. Bei den Zweitstimmen verzeichnete die Partei ein Plus von gut 13 000 Stimmen und stieg von 14 auf 23,8 Prozent. Dass der Zuwachs bei den Erststimmen nur 4,9, Prozent (jetzt 23,5 Prozent) betrug, lag nicht an einem schwächelnden Direktkandidaten Michael C. Müller, sondern vielmehr daran, dass seine Vorgängerin Petra Hess immer ein deutlich besseres Ergebnis als ihre Partei erzielte und die SPD damit von einer relativ guten Ausgangsbasis ins Rennen ging. Das beste Ergebnis im Ilm-Kreis erzielte Müller in Bösleben-Wüllersleben mit 23,8 Prozent. Hier wurde die SPD auch mit 25,6 Prozent stärkste Kraft. Die wenigsten Erststimmen gab es in Plaue und Dornheim mit 16,4 beziehungsweise 16,5 Prozent. Das schlechteste Zweitstimmenergebnis gab es mit 12,8 Prozent in Alkersleben. Im Landkreis Gotha schnitt die SPD noch besser ab, lag häufig deutlich über 20 Prozent und hatte ihre Spitzenwerte in der Stadt Gotha mit 29,2 und 26,8 Prozent.

Die Linke hat ihr zweitschlechtestes Ergebnis eingefahren. Nur 1990 bekam ihre Vorgängerpartei noch weniger Stimmen. Gegenüber 2017 verlor man 4,5 Prozent bei den Erststimmen (jetzt 11,1 Prozent) und 4,7 Prozent bei den Zweitstimmen (jetzt 11 Prozent) Die meisten Stimmen im Ilm-Kreis bekam Direktkandidatin Cornelia Wanderer mit 14,4 Prozent in ihrer Heimatstadt Plaue. Bei den Zweitstimmen gab es die besten Ergebnisse in Osthausen-Wülfershausen (12,9 Prozent) sowie Plaue und Ilmenau (je 12,8 Prozent). Am wenigstens konnte Wanderer die Wähler in Alkersleben für sich einnehmen mit nur fünf Prozent Erst- und 8,3 Prozent Zweitstimmen. Im gesamten Wahlkreis hatte Die Linke ihre besten Ergebnisse in Döllstädt (15,6 Prozent Erststimmen) und Gotha (14,4 Prozent Zweitstimmen).

Die Grünen konnten sich bei den Zweitstimmen von 3,7 auf 5,8 Prozent verbessern, bei den Erststimmen legte man 1,3 Prozent zu und steht nun bei 4,6 Prozent. Direktkandidat Stephan Ostermann hatte sein bestes Ergebnis im Ilm-Kreis mit 11,3 Prozent in Elleben. Am wenigsten konnte er die Großbreitenbacher für sich einnehmen. In der Landgemeinde gab es gerade einmal 2,2 Prozent der Wählerstimmen. Ähnlich zeigt sich das Bild bei den Zweitstimmen: 11,7 Prozent in Elleben, 2,5 Prozent in Großbreitenbach. Generell schnitten die Grüne im Ilm-Kreis deutlich besser ab als im Landkreis Gotha. In Pferdingsleben konnte Ostermann zum Beispiel gerade mal eine Stimme holen, seine Partei drei.

Die FDP hat ihre Zweitstimmen von 7,7 auf 8,6 Prozent verbessern können, das drittbeste Ergebnis seit 1990. Gleiches gilt für die 6,8 Prozent, die Martin Mölders als Direktkandidat holte, 0,8 Prozent mehr als 2017. Sein bestes Ergebnis im Ilm-Kreis erzielte er in Osthausen-Wülfershausen mit 8,8 Prozent. In Döllstädt entschieden sich gar 11,3 Prozent für Mölders. Einzig in Gotha blieb er unter der Fünf-Prozent-Marke. Die meisten Zweitstimmen gab es mit 12,2 Prozent in Elleben für die FDP, die wenigsten mit 6,7 in Plaue

Die Freien Wähler, die zum dritten Mal mit einem Direktkandidaten antraten, konnten sich von 3,6 auf 4,0 Prozent steigern. Bei den Zweitstimmen gab es einen Zuwachs von 1,8 auf 2,7 Prozent, womit man stärkste der kleinen Parteien ist. Sylke Mönch konnte im Ilm-Kreis vielerorts die fünf Prozent übertreffen, lag häufig sogar vor Grünen und FDP. Ihr bestes Ergebnis erzielte sie mit 9,9 Prozent in Stadtilm.

Die Basis erzielte 1,7 Prozent bei den Zweit- und den Erststimmen und Sven-Jarno Biehn sein bestes Ergebnis mit 2,9 Prozent in Elxleben.

Für Die Partei war mit Frank-Peter Prüger erstmals ein Direktkandidat angetreten, der zwei Prozent Erststimmen holte und sein bestes Ergebnis mit 3,5 Prozent in Bösleben-Wüllersleben hatte. Bei den Zweitstimmen verlor man allerdings 0,5 Prozent (jetzt 1,3).

Die Wahlbeteiligung blieb gegenüber 2017 fast unverändert. Machten damals 74,7 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem Wahlrecht Gebrauch, so waren es jetzt 74,8 Prozent.

Die geringste Wahlbeteiligung im Ilm-Kreis gab es in Martinroda und Elgersburg mit 57,6 beziehungsweise 57,9 Prozent. Die beste Beteiligung gab es mit 79,1 Prozent im Amt Wachsenburg und mit 78,1 Prozent in Großbreitenbach. Besser war nur Hörsel im Landkreis Gotha mit 80,2 Prozent. Generell war die Wahlbeteiligung im Ilm-Kreis höher, in Tonna zum Beispiel wählten nicht einmal 50 Prozent.

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