Die für die Landwirtschaft verlorenen Flächen sind zwar nicht sämtlich der Bautätigkeit zum Opfer gefallen. So hat Bayern dank der Vermehrung der Baggerseen heute auch etwas mehr Gewässer als früher. In den Nachkriegsjahrzehnten wurden Siedlungs- und Verkehrsflächen zudem noch nicht in der amtlichen Statistik erfasst. Doch dass der Hauptgrund für die bislang unaufhaltsame Entwicklung in der Bautätigkeit liegt, zeigen allein die Zahlen aus der jüngeren Vergangenheit. Im Statistischen Jahrbuch 1989 waren knapp 5980 Quadratkilometer als Siedlungs- und Verkehrsfläche erfasst, 8,5 Prozent der Landesfläche. 2021 waren es dann schon gut 8630 Quadratkilometer, ein Anteil von über 12 Prozent.
Ein Teil dieser Verluste war unvermeidlich, weil die bayerische Bevölkerung seit 1951 von damals gut 9 auf heute über 13 Millionen Menschen gewachsen und Bayern sich vom Agrar- zum Industriestaat gewandelt hat. "Natürlich ist der Verlust landwirtschaftlicher Nutzfläche durch Industrieansiedlungen, Wohnungsbau und Straßen bedauerlich", sagt der für das Landesentwicklungsprogramm zuständige Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). "Aber leider hätte Bayern anders diesen Wohlstand nicht erreichen können."
Doch dass in Bayern seit Jahrzehnten weit mehr Boden verbraucht wird als bei besserer Planung möglich wäre, bezweifelt kaum jemand. So sind für viele Kommunen neue Gewerbe- und Industrieansiedlungen eine wesentliche Einnahmequelle, da neue Betriebe zusätzliche Gewerbesteuern bringen. Das verstärkt den Trend zur Zersiedlung, manche Kritiker sehen die kommunale Planungshoheit als eine der Ursachen. Wird eine Umgehungsstraße gebaut, dauert es häufig nicht lang, bis das nächste Gewerbegebiet mit Super-, Möbel-, Bau-, Schuh- und sonstigen Märkten entsteht. Das führt dann wiederum regelmäßig zu Geschäftsaufgaben alteingesessener Einzelhändler in den Ortskernen.
An die kommunale Planungshoheit will die Staatsregierung jedoch nicht rühren, auch die Forderungen der Opposition nach einer rechtlich bindenden Einschränkungen des Flächenverbrauchs lehnt die CSU/Freie Wähler-Koalition ab. Aiwangers Wirtschaftsministerium verweist darauf, dass ins Landesplanungsgesetz für das Jahr 2030 ein Richtwert von fünf Hektar Flächenverbrauch pro Tag aufgenommen wurde.
Außerdem soll die Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms den schonenden Umgang mit der "Ressource Fläche" stärken. Dazu zählen unter anderem "die Stärkung der Innenentwicklung durch eine qualitätsvolle, bedarfsgerecht und an die Raumstruktur angepasste Siedlungsentwicklung" und die Möglichkeit, wertvolle Freiflächen durch die Festlegung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für die Landwirtschaft von Versiegelung freizuhalten, wie ein Sprecher des Ministeriums erläutert.
Von einer Beschränkung auf fünf verbrauchte Hektar pro Tag ist Bayern noch weit entfernt. Die aktuellste Zahl stammt aus dem Jahr 2022: 12,2 Hektar am Tag. Der Bauernverband sieht im anhaltenden Verlust land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen ein Risiko für die sichere Lebensmittelversorgung in Bayern. Im Raum steht nach wie vor die Drohung eines Volksbegehrens.