Übermorgen: die Nachhaltigkeits-Kolumne Was passiert mit unserem Wasser?

Florian Gann

Wir brauchen Unmengen an Wasser, vor allem für unser Essen. Gleichzeitig fällt an vielen Orten immer weniger Regen, die Grundwasserspiegel sinken. Wie wirkt sich das aus – und was können wir selbst tun?

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

In weiten Teilen Deutschlands und Österreichs fiel in den letzten Wochen kaum Regen – hier wird ein Feld in Niederösterreich bewässert. Foto: imago//Georges Schneider

In dem Buch „Die Geschichte des Wassers“ von Maja Lunde gibt es eine Zeit vor und nach dem Wasserkollaps. In der Zeit davor gehen die Menschen rücksichtslos mit der Ressource Wasser um. Etwa verkaufen findige Geschäftsleute die Blöcke eines norwegischen Gletschers an heiße Länder, damit dort Superreiche ihre Cocktails „on the rocks“ trinken können. Nach dem Kollaps flüchten Menschen aus dem völlig vertrockneten Südeuropa in die „Wasserländer“ im Norden. Oder sie versuchen es, denn die Leute dort wollen ihr Wasser lieber für sich haben.

Nach der Werbung weiterlesen

Das Buch ist eine Dystopie, ein Worst-Case-Szenario. Aber schon heute ist die Entwicklung um trinkbares Wasser nicht unbedingt positiv. In vielen Gegenden der Erde ist jetzt schon das Wasser knapp. In Teilen Norditaliens fiel seit 100 Tagen kein Regen, der Pegel des Flusses Po ist massiv gesunken. In Somalia sind drei Regenzeiten infolge ausgefallen. In Teilen Kaliforniens wurde im Vorjahr der Dürre-Notstand ausgerufen, in der Stadt Mendocino funktioniert die Wasserversorgung teils nur noch per Tanklaster, wie eine ARD-Doku zeigt. Und auch in Stuttgart fiel in den letzten Wochen kaum Niederschlag.

Die Erde wird trockener, der Wasserbedarf steigt

Auch in Deutschland droht laut dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) ein sinkender Grundwasserspiegel, vor allem in Nord- und Ostdeutschland. Aber auch in Baden-Württemberg bereiten sich die Wasserversorger auf spärlichere Zeiten vor, schließen Brunnen und Quellen zusammen, bauen neue Wasserwerke (Abo). Die Tendenz ist dabei überall dieselbe: An vielen Orten wird es trockener, und wenn es regnet, dann zu viel auf einmal. Gleichzeitig steigt die Wassernachfrage.

Auch der Weltwasserbericht der Vereinten Nationen (UN) – der vor dem Weltwassertag am vergangenen Dienstag veröffentlicht wurde – attestiert, dass das Grundwasser schlecht verwaltet werde. In manchen Erdteilen sei das Wasser stark übernutzt und verschmutzt, etwa in Asien. Anderswo werde das Trinkwasser sogar zu wenig genutzt, etwa in den Regionen südlich der Sahara. In Summe leben zwei von fünf Menschen in Regionen, in denen das Wasser knapp ist. In Europa wird das Grundwasser zwar selten übernutzt, dafür treten laut dem Bericht in 38 Prozent der Grundwasserreservoirs Verschmutzungen durch die Landwirtschaft auf.

Wir verbrauchen 3900 Liter Wasser pro Tag

Jeder Mensch in Deutschland verantwortet laut dem Umweltbundesamt täglich einen Verbrauch von 3900 Litern Wasser. Nur 129 Liter davon sind direkter Verbrauch – waschen, spülen, duschen. Der Rest ist indirekter Verbrauch über die Güter, die wir konsumieren. Viel Wasser geht dabei in Deutschland für Nahrungsmittel drauf, vor allem für Obst und Gemüse.

Pflanzliche Nahrungsmittel verantworten 82 Prozent des Verbrauchs für die Bewässerung von Nahrungsmittel. Das ergibt eine Untersuchung der Naturschutzorganisation WWF vom Vorjahr. Das liegt etwa daran, dass sich Deutschland kaum selbst mit Obst und Gemüse versorgen kann, der größte Teil wird importiert. Zudem kommt das Obst und Gemüse besonders häufig aus Regionen, wo das Wasser ohnehin schon knapp ist. Futtermittel für die Tierhaltung stammt dagegen oft aus Gegenden, in denen ausreichend Niederschlag vorhanden ist.

Vegane Ernährung ist besonders durstig

Nimmt man also nur den Wasserverbrauch in den Blick, schneidet vegetarische oder vegane Ernährung demnach sogar schlechter ab als eine gemischte Ernährung mit Fleisch. Für Fleischliebhaber:innen ist das trotzdem nur eine eingeschränkt positive Nachricht: Bei den meisten anderen Nachhaltigkeitskriterien – CO2-Ausstoß, Flächenverbrauch, Stickstoffeintrag – schneidet Fleisch schlechter ab.

Während ich diese Kolumne schreibe, steht ein Wasser auf meinem Schreibtisch. Klar und kühl, in einem großen belgischen Bierglas. Wenn ich es gleich ausgetrunken habe, kann ich es jederzeit wieder auffüllen. Die Wasserversorgung funktioniert hier. Was für ein Glück. Aber wir – Politikerinnen, Umweltschützer, Bürgerinnen – sollten uns Gedanken machen, was wir tun können, damit es so bleibt.

Info: Welches Obst und Gemüse besonders durstig ist

Aussagekraft
21.000 Liter Wasser für ein Kilo Röstkaffee, 5000 Liter für ein Kilo Nüsse, 600 Liter Wasser für ein Kilo Avocados – die Zahlen zum Wasserverbrauch bestimmter Lebensmittel sind teils erschreckend hoch, aber nur bedingt aussagekräftig. Bedeutend ist dabei, welche Mengen verbraucht werden, wie viel Wasser aus künstlicher Bewässerung zugeführt wird, und ob dadurch die Wasservorräte in einem ohnehin trockenen Gebiet dezimiert werden.

Wasserknappheit
Zieht man diese Aspekte in Betracht, tragen Zitrusfrüchte mit Abstand am meisten zur Wasserknappheit bei, wie eine Untersuchung der Umweltschutzorganisation WWF ergeben hat (siehe hier, S. 28). Auf dem zweiten Platz folgen Mandeln. Auch Pfirsiche, Reis, Trauben und Tomaten landen in dieser Hinsicht weit vorne. Allerdings geht es bei der Ernährung auch um Gesundheit und andere Nachhaltigkeitsaspekte wie den Flächenverbrauch. Die sogenannte EAT Lancet Kommission hat deswegen 2019 einen Ernährungsplan erstellt, der Gesundheit und Nachhaltigkeit berücksichtigt. Mehr dazu findest du hier.