In einer Mitgliederbefragung votierten 69,93 Prozent für die Aufnahme von Bündnisgesprächen mit Linken und Grünen, wie der SPD-Vorstand am Dienstag nach Auszählung der Stimmen in Erfurt mitteilte. Es hatten sich rund 77,53 Prozent der Parteimitglieder an der Abstimmung beteiligt. Damit sprechen sich 54 Prozent aller Mitglieder für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen aus.

Das neue Koalitionsmodell mit dem Linke-Politiker Bodo Ramelow an der Spitze würde die 24-jährige Regierungszeit der CDU in Thüringen beenden. Die Aussicht auf den ersten Ministerpräsidenten der Linken 25 Jahre nach dem Mauerfall sorgt seit Wochen für kontroverse Debatten in Deutschland.

Die 4300 Thüringer SPD-Mitglieder waren aufgerufen, über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen abzustimmen, die der Landesvorstand bereits einstimmig empfohlen hatte. Die Vorstände der Linken und der Grünen haben schon einstimmig für den Start des rot-rot-grünen Regierungsprojekts votiert.

Die SPD-Bundesspitze hat die Zustimmung für rot-rot-grüne Koalitionsverhandlungen als «überzeugendes Ergebnis» begrüßt. «Damit herrscht Klarheit, welche Regierung künftig die Geschäfte in Erfurt führen soll», sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi am Dienstag in Berlin. «Die SPD Thüringen hat sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht.» Sie persönlich verstehe auch jene, die Vorbehalte und Bedenken haben gegen eine Landesregierung unter Führung der Linken.

"Die SPD geht für sich und den Freistaat ein hohes Risiko in einem unsicheren Dreier-Bündnis ein", sagt der Generalsektretär der Thüringer CDU, Mario Voigt. Weniger als 3.500 SPD-Mitglieder hätten entschieden, wie zwei Millionen Thüringer regiert werden. Das verstehe kein normaler Bürger. Die parteiinterne Abstimmung repräsentiere nicht den Mehrheitswillen der Bevölkerung, so Voigt. "Die Bürger wollen, dass die CDU als die deutlich stärkste Partei regiert." Auf Dauer sei es nicht akzeptabel, dass Mitgliederentscheide zu Ersatzwahlen würden, um Wahlergebnisse in die Richtung zu lenken, die eine Parteiführung gern hätte.

Unionsfraktionschef Volker Kauder hat der Thüringer SPD wegen der geplanten Wahl des Linkspartei-Politikers Bodo Ramelow zum neuen Ministerpräsidenten Instinktlosigkeit vorgeworfen. Es sei ein bemerkenswerter Vorgang, einem Politiker aus der SED-Nachfolgepartei zur Macht zu verhelfen, sagte Kauder am Dienstag in Berlin. Einige Mitglieder der Linkspartei seien mitverantwortlich für das Unrecht in der DDR.

Mit der Wahl des Ministerpräsidenten im Erfurter Landtag wird nicht vor Dezember gerechnet. dpa