Thüringen Rechnungshofchef: Finanzprobleme nicht nur mit Schulden lösen

Schloss Ludwigsburg in Rudolstadt: Beim Rechnungshof kennt man sich mit dem Leid der Kommunen aus. Foto: dpa

Ein riesiges Loch reißt die Corona-Krise in die Landeskasse. Trotzdem müssen weitere Hilfsprogramme finanziert werden. Wie viele neue Schulden kann sich Thüringen dafür leisten? Der Rechnungshof appelliert: Augenmaß behalten.

 
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Rudolstadt - Rechnungshofpräsident Sebastian Dette hat die Forderung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) nach einem Kassensturz angesichts dramatischer Steuerausfälle unterstützt. Seiner Meinung nach kommt Thüringens Minderheitsregierung trotz Corona-Krise nicht am Sparen vorbei. «Natürlich sind neue Schulden angesichts der Corona-Krise mit Steuerausfällen von fast einer Milliarde Euro unvermeidbar. Aber ich warne davor, die Finanzprobleme, die sich durch die weiteren Konjunkturhilfen noch vergrößern, mit einem Milliardenkredit lösen zu wollen», sagte Dette.

Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) plädierte am Samstag für eine massive Neuverschuldung von rund 2,9 Milliarden Euro. Damit sollen nicht nur ein Konjunkturprogramm aufgelegt, sondern auch Steuerausfälle kompensiert und schon beschlossene Corona-Hilfen finanziert werden.

Dette mahnte zu Augenmaß und verwies auf die Schuldenbremse, die neue Kredite in Notsituationen wie jetzt zwar zulasse, aber auch klare Fristen zur Rückzahlung des Geldes setze. Augenmaß sei auch bei den Hilfen zum Ankurbeln der Konjunktur nötig. «Wir sollten mit Staatshilfen keine Zombie-Unternehmen künstlich am Leben erhalten, deren Geschäftsmodell schon vor der Corona-Krise nicht funktioniert hat», sagte Dette. Hilfen seien dort angebracht, wo Probleme durch die Corona-Pandemie verursacht wurden.

Angesichts der Einnahmeausfälle müssten Entscheidungen getroffen werden, «was noch geht und was nicht geht.» Er sei froh, dass Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) einen Kassensturz angekündigt habe, bevor über die Höhe der Schuldenaufnahme entschieden werde.

Der Rechnungshofpräsident plädierte für die Vorlage eines Nachtragshaushalts. «Wenn der Landeshaushalt ins Minus läuft, wie derzeit, muss ein Nachtragshaushalt kommen, um den Etat auszugleichen.» Die Wege seien Sparen und Kreditaufnahme. Eine Haushaltsperre, wie sie Finanzministerin Heike Taubert (SPD) zunächst erwogen hat, sieht Dette kritisch.

«Eine Haushaltssperre ist beim Sparen nur zweite Wahl.» Damit würde pauschal ein bestimmter Betrag im Haushalt, der in diesem Jahr ein Volumen von rund elf Milliarden Euro hat, auf Eis gelegt. «Das entbehrt aber der politischen Entscheidung, wo gestrichen werden soll. Und es besteht die Gefahr, dass Investitionen, beispielsweise in die Digitalisierung, zu gering ausfallen. Ich bin dafür, dass Prioritäten gesetzt werden.»

Das Defizit im Haushalt schätze der Rechnungshof auf mindestens 415 Millionen Euro - und das, obwohl Thüringen ins Jahr 2020 noch mit einem Finanzpolster von 1,85 Milliarden Euro gestartet sei. Die Rücklage war von der rot-rot-grünen Regierung aus den Überschüssen der vergangenen Jahre gebildet worden und sei mit den Hilfspaketen und Zahlungen an die Kommunen inzwischen weitgehend aufgebraucht. dpa

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