Thüringen Corona-Schnelltests während Weimarer Modellversuch oft falsch-positiv

Selbsttest sollen helfen, Corona-Infektionen schnell aufzudecken und so die Kontrolle über das Pandemie-Geschehen zu bekommen. Foto: dpa

Wie sinnvoll ist es, Menschen, die keine Covid-19-Symptome zu haben, mit Schnelltests auf eine Infektion mit dem Corona-Virus zu testen? Während des Shopping-Versuchs von Weimar jedenfalls haben Schnelltests recht oft falsche Ergebnisse geliefert.

 
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Weimar - Die während des Modellprojekts in Weimar durchgeführten Corona-Schnelltests haben in mehreren Fällen falsche Ergebnisse geliefert. Es habe „einige“ Testergebnisse gegeben, die sich nicht bestätigt hätten, sagte ein Sprecher der Stadtverwaltung Weimar unserer Zeitung. Worauf das zurückzuführen sei, müsse noch ermittelt werden. Bei den Schnelltestergebnissen, die nachweislich falsch waren, habe es sich um sogenannte falsch-positive Befunde gehandelt, sagte der Sprecher. Das heißt, dass die Schnelltests auf eine Corona-Infektion bei der getesteten Person hinwiesen, obwohl sich diese später mit einem genaueren PCR-Test nicht bestätigte. Auch in der Wissenschaft wird die Zuverlässigkeit der Schnelltests inzwischen zunehmend kritisch bewertet – was keine guten Nachrichten für all jene sind, die hoffen, massenhafte Corona-Schnelltests könnten Lockerungen der Coronabeschränkungen im großen Stil möglich machen.

In Weimar waren vom 29. März bis 1. April Geschäfte, aber zum Beispiel auch Museen in der Stadt im Rahmen eines Modellversuchs geöffnet worden. Sie durften von Kunden oder Besuchern betreten werden, die sich zuvor einem Corona-Schnelltest unterzogen hatten – falls dieser Test negativ war. Insgesamt wurden nach Angaben der Stadtverwaltung an diesen vier Tagen etwa 12.500 Schnelltests durchgeführt.

Von den durchgeführten Schnelltests zeigten nach den Daten der Stadtverwaltung insgesamt 20 Schnelltests eine Infektion mit dem Corona-Virus an – nur zwölf davon bestätigten sich allerdings später durch einen PCR-Test. Das heißt, dass über den gesamten Modellzeitraum nur 60 Prozent der positiven Schnelltests auch schließlich durch einen präziseren Test bestätigt wurden.

An den einzelnen Tagen des Modellversuchs lag die entsprechende Genauigkeit der Schnelltests allerdings sogar noch deutlich unter diesem Wert. So deuteten die Schnelltest am ersten Tag des Versuchs in fünf Fällen auf eine Corona-Infektion hin; nur eine dieser Testergebnisse bestätigte sich allerdings später. Das entspricht einer Treffsicherheit an diesem Tag von nur 20 Prozent.

Wie viele Schnelltest, die während des Modellversuchs durchgeführt wurden, falsch-negativ waren, sei dagegen unklar, sagte der Sprecher der Stadtverwaltung. Um dies zu klären, hätten alle Menschen, die mit einem Schnelltest untersucht wurden, gleich in Anschluss auch mit einem PCR-Test untersucht werden müssen. „Dies ist bekanntermaßen nicht erfolgt.“ Allerdings weisen selbst die Hersteller der Tests darauf hin, dass auch bei einem negativen Testergebnis eine Restunsicherheit bleibt, ob die getestete Person wirklich nicht mit dem Sars-CoV-2 infiziert ist.

Zuletzt hatte auch der Berliner Virologe Christian Drosten darauf hingewiesen, dass Corona-Schnelltests die entsprechende Infektion nach den bisherigen Erfahrungen damit in den ersten Tagen nach der Ansteckung offenbar nur schlecht erkennen können. Sie könnten Menschen deshalb in einer trügerischen Sicherheit wiegen, sagte Drosten dem NDR. „Die Schnelltests schlagen erst am Tag eins nach Symptom-Beginn an, da ist man aber schon drei Tage lang infektiös.“ Er berief sich dabei auf praktische Erfahrungen aus den Diagnose-Laboren. „Wenn man davon ausgeht, dass eine infizierte Person in der Regel acht Tage lang ansteckend ist, heißt das: An fünf von acht Tagen entdecke ich mit dem Antigentest eine Infektion, an drei Tagen werde ich sie übersehen.“

Drosten argumentierte, bei Einlasskontrollen etwa zu Veranstaltung sei es deshalb gefährlich, sich auf einen negativen Schnelltest zu verlassen. „Es ist nicht so simpel, wie es in der Politik dargestellt wird - nach dem Motto: Jetzt kann alles öffnen, weil wir ja die Schnelltests haben“, sagte er. Zwischen 40 Prozent und 60 Prozent der Infektionen werden würden bei Schnelltests übersehen. Regelmäßige Schnelltests an Schulen würden dagegen sehr wohl Sinn machen, sagte Drosten. „Selbst wenn bei einer Testung nicht alle Infektionen entdeckt werden, bei der nächsten Testung nach zwei oder drei Tagen werden die Infektionen dann nachgewiesen. In Clustern ist solch ein geringer zeitverzögerter Effekt kein Problem.“

Aus den Daten der Stadtverwaltung Weimar zum Testaufkommen während des Modellversuchs geht hervor, dass sich vor allem Frauen in den vier Tagen haben testen lassen. Sie hätten an den einzelnen Tagen jeweils etwa 56 bis 64 Prozent der Getesteten ausgemacht „Wie bereits vor dem Modell erwartet, stammt der Großteil der Getesteten aus Weimar, wobei Nicht-Weimarer über alle Tage hinweg mehrheitlich aus dem Weimarer Land kamen“, heißt es in einer Auswertung der Stadtverwaltung zu dem Modellversuch. Seien während des Projekts pro Tag jeweils etwas mehr als 3.000 Corona-Schnelltests in den dafür eingerichteten Testzentren gemacht worden, sei diese Zahl nach Ende des Versuchs deutlich eingebrochen. In den Tagen danach seien in der Regel nur einige hundert Menschen in den Testzentren untersucht

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