Ohrdruf - Rund 100 Tage nach dem verheerenden Brand auf Schloss Ehrenstein in Ohrdruf bei Gotha ist das wahre Ausmaß der Schäden noch immer nicht komplett absehbar. Der Westflügel sei nun weitgehend durch ein Notdach gesichert, im Südflügel herrsche weiterhin Chaos, sagte der Bauamtsleiter der Stadt, Peter Meinung, der Nachrichtenagentur dpa. «In dieser Woche haben wir damit angefangen, den Schutt wegzuräumen», fügte er hinzu. Auch hier werde in Kürze ein Notdach errichtet. An einen Wiederaufbau sei aber noch nicht zu denken.

Bei dem Brand Ende November waren zwei Dachstühle des Renaissance-Schlosses komplett zerstört worden. Handwerker hatten das Feuer fahrlässig bei Dacharbeiten verursacht, als sie mit einem Brenner Dachschindeln und Werkzeug vom Eis befreien wollten. Der entstandene Schaden allein am Gebäude beläuft sich auf rund zehn Millionen Euro. «Vielleicht auch mehr», sagte Meinung.

Im Ostflügel müssten nun einzelne «total durchfeuchtete» Gebäudeteile entfernt und ersetzt werden, sagte Meinung. Hier habe vor allem das Löschwasser enorme Schäden angerichtet. Auch seien Handwerker bereits dabei, die Räume zu trocknen. Die aus Lehm bestehenden Wände hätten sich bis in den Keller mit Wasser vollgesogen. Glücklicherweise sei der Winter in diesem Jahr sehr mild gewesen, wodurch weitere Schäden durch Frost vermieden wurden. «Das war sehr hilfreich», fügte der Bauamtsleiter hinzu.

Unübersichtlich ist die Lage noch im stärker betroffenen Südflügel. Dort stürzte durch das Feuer die Decke ein, auch die Wände wurden instabil und drohten einzufallen. Sie mussten Meinung zufolge in einem Abstand von 4,50 Metern mit neun Meter hohen Stahlstützen gesichert werden. «Der Schutt liegt im Südflügel immer noch einen Meter hoch», sagte er. Betroffen von dem Brand waren auch die Wohnungen von zwei Familien.

Ein Großteil der benötigten Finanzmittel werden voraussichtlich durch die beteiligten Versicherungen übernommen. Derzeit finanziere die städtische Gebäudeversicherung die Maßnahmen vor, sagte Meinung. Die genaue Aufteilung müsse dann noch geklärt werden. Zu der Firma, deren Mitarbeiter den Brand verursacht hatten, bestehe kein Kontakt. Auch das Land will sich am Wiederaufbau beteiligen. 250 000 Euro seien aus Mitteln der Denkmalpflege bereitgestellt worden, sagte der Sprecher des Kultusministeriums, Gerd Schwinger. Zunächst müsse aber geklärt sein, welche Summen die Versicherungen übernehme.

Ein Trost bleibt: Die Stadtbibliothek, die ursprünglich im Schloss untergebracht war, kann voraussichtlich im März wieder öffnen - allerdings im Info-Pavillon der Gemeinde. Alle rund 12 000 Bücher und auch die Regale seien komplett zerstört worden, sagte die Leiterin der Landesfachstelle für öffentliche Bibliotheken in Thüringen, Sabine Brunner. Andere Bibliotheken hätten Bücher gespendet. «Für uns ist wichtig, dass die Bibliothek wieder lebt», sagte sie. Wann sie wieder im Schloss Ehrenstein sein wird, ist allerdings noch völlig unklar. «Nach vorsichtigem Ermessen» sei von drei bis vier Jahren auszugehen, sagte Brunner. dpa