Erfurt/Halle - Die Coronakrise schlägt sich bislang auf dem Arbeitsmarkt im Freistaat und in Deutschland weniger stark nieder als befürchtet. Der Geschäftsführer der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Agentur für Arbeit, Markus Behrens, sprach am Mittwoch in Halle bereits von der berechtigten Hoffnung auf einen „belebenden Herbst“. Zwar würden im Sommer die Arbeitslosenzahlen wohl weiterhin leicht ansteigend. Doch sei dies eine von der Coronakrise unabhängige Entwicklung, die es auch in den vergangenen Jahren schon gegeben haben, erklärte Behrens während der Vorstellung des Arbeitsmarktberichts für Juni. Unter anderem, weil Schulabgänger nicht lückenlos zum Studium oder zur Ausbildung gehen, steigt die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen im Sommer regelmäßig an. Weil die Menschen aber inzwischen wieder Reisen könnten und es auch Signale gebe, dass sie wieder verstärkt einkaufen, gebe es eine gute Chance, dass die Wirtschaft sich wieder erhole und ab dem Herbst auch die Zahl der Arbeitslosen wieder sinken werde, sagte Behrens.

Schon im Juni gab es in Thüringen nur geringfügig mehr Arbeitslose als im Vormonat. Nach Angaben des Arbeitsagentur stieg die Arbeitslosenzahl im Land von Mai auf Juni nur noch um 100 Personen an. Die Arbeitslosenquote lag damit für Juni 2020 bei 6,3 Prozent. Von diesem Wert seien nach Berechnungen der Arbeitsagentur 1,4 Prozentpunkt auf die Corona-Krise zurückzuführen, sagte Behrens. Was bedeutet: Ohne die Krise hätte die Arbeitslosenquote im Juni in Thüringen wahrscheinlich bei etwa 5 Prozent gelegen.

Bundesweite waren im Juni nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit 2,853 Millionen Menschen als arbeitslos gemeldet – etwa 40.000 mehr als im Mai und etwa 637.000 mehr als vor einem Jahr. Die bundesweite Arbeitslosenquote stieg demnach um 0,1 Prozentpunkte auf 6,2 Prozent an.

Behrens sagte, die aktuellen Zahlen aus Thüringen seien positiver als selbst das vor etwa vier Wochen für möglich gehalten habe. Dass nicht noch deutlich mehr Menschen ohne Job seien, hänge aber vor allem mit der Zahlung von Kurzarbeitergeld an Unternehmen beziehungsweise Beschäftigte zusammen. „Klar ist, dass es ohne Kurzarbeit deutlich anders aussehen würde, viel schlimmer“, sagte Behrens. Kurzarbeit sei „das Instrument der Stunde“. Alleine für Thüringen haben die Agentur in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres etwa 169 Millionen für Kurzarbeitergeld und Sozialversicherungsanteile ausgereicht – den weit überwiegenden Teil des Geld seit Beginn der Coronakrise im März.

Im wirtschaftlichen Zukunftsausblick pessimistischer gab sich dagegen der Verband der Metall- und Elektroindustrie in Thüringen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronapandemie auf die Branche sei „unverändert hoch“, teilte der Verband mit. Vor allem die Automobilzulieferindustrie leide in der Krise. Dort seien die Kapazitäten der Unternehmen nur zu durchschnittlich 63 Prozent ausgelastet. Die Branche habe die Talsohle noch nicht durchschritten.

Relativ glimpflich durch die Krise kommen jedenfalls bislang nach übereinstimmender Einschätzung der Arbeitsagentur als auch des Verband der Metall- und Elektroindustrie die Auszubildenden. Das Angebot an Ausbildungsplätzen sei im Wesentlichen stabil, hieß es. Behrens sagte, in Thüringen gebe es auch in diesem Jahr wieder mehr Stellen als Bewerber.