Suhler Kulturprojekt Der Ostbeauftragte adelt die Sauer-Villa

Carsten Schneider Im Gespräch mit Tischlermeister Thomas Eickemeier (r.). Foto: Michael Reichel

Franz Sauer wäre wohl begeistert: An Fenstern und Türen seiner Suhler Villa wird eifrig geschreinert und gepinselt. Das hat sich am Dienstag auch Carsten Schneider, der Ostbeauftragte der Bundesregierung, angeschaut.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Noch gähnt Dornröschen müde vor sich hin. Zimmer, Flure und Treppenaufgänge erzählen von den Menschen, die hier im Lauf der Jahrzehnte ein- und ausgingen: Bröckelnder Putz, überpinselte Fliesen, runtergeranztes Parkett. Wie flüssiges Blei sind die Spuren der Zeit in jede Ritze der 1904 bis 1906 gebauten Villa des Suhler Gewehrfabrikanten Franz Sauer gekrochen. Als „Franzensfeste“ wird sie einst populär, später richtet sich die sowjetische Militäradministration ein, schließlich dient sie als Kulturhaus „Johannes R. Becher“ der Kunst.

So soll es – freilich ohne staatliche Gängelung – wieder sein, folgt man der Vision einer ungewöhnlichen Allianz von Machern: Die Stiftung Meininger Baudenkmäler als Eigentümerin des Hauses, die Stadt Suhl und der Verein Provinzkultur als maßgeblicher Kulturakteur wollen Dornröschen, wenn man so will, wachküssen. Schon steht ein Gerüst an der Villenfront zur Bahnhofstraße, pinseln und schreinern Handwerker an Fenstern und Türen. Rund 300 000 Euro haben Stiftung und Landesdenkmalpflege aufgebracht, um einen ersten Schritt zu tun für ein neues Suhler Haus der Kultur. Als Signal sei das gedacht, damit die Öffentlichkeit nicht den Glauben an dem Projekt verliere.

Damit das aber so gut klappt wie im Märchen und die alte Dame nach den ersten Wiederbelebungsversuchen nicht wieder in Tiefschlaf fällt, ist allerdings ein größeres Sümmchen vonnöten: Aus der einstigen Industriellen-Villa eine Kultur-Villa zu machen, wie Meiningens Bürgermeister und Stiftungsvorstand Fabian Giesder die Idee beschreibt, kostet mindestens 3,4 Millionen Euro. Helfen könne hier nur der Bund. Und der schaute sich gestern in Form des Ostbeauftragten und Staatsministers Carsten Schneider die filigranen Stuckdecken, historisierenden Wandtäfelungen und Jugendstil-Elemente an. Erstes Urteil nach der Inaugenscheinnahme: Ein Objekt von „herausragender Bedeutung“, befindet Schneider. Niemand habe erwartet, dass der SPD-Politiker den Geldkoffer gleich mitbringt, witzelt Giesder, aber Unterstützung erhoffe man sich von ihm schon. Für Carsten Schneider hat das Projekt „Hand und Fuß“, es sei hundertprozentig förderwürdig. „Wir, Frank Ullrich und ich, werden uns dafür stark machen“, versichert er in Suhl.

Selbst darüber entscheiden kann er natürlich nicht. Bis zum Februar 2024 muss die Meininger Stiftung den Projektantrag in Berlin eingereicht haben. Dann wird es spannend. Dass sich Carsten Schneider persönlich in Suhl umgesehen hat, deuten Beteiligte aber als gutes Zeichen.

Autor

Bilder