Sand/Zeil Natascha Kohnen tourt durch den Landkreis

Christian Licha

Wie gut griffen die Maßnahmen zu Beginn der Pandemie? Und was hat man daraus gelernt? Diese und andere Fragen diskutierten unter anderem Susanne Bös-Naumann und Andrea Finzel.

 
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Sand/Zeil - Im Rahmen ihrer Sommertour unter dem Motto "Chancengleichheit" besuchte Bayerns SPD-Vorsitzende Natascha Kohnen zusammen mit dem Generalsekretär der Bayern SPD, Uli Grötsch, auch den Landkreis Haßberge. In Zeil und Sand hatten die Politiker ein offenes Ohr für die Sorgen und Wünsche der Bürger.

In Zeil stellte Bürgermeister Thomas Stadelmann den Sitzungssaal im Rathaus für die Gesprächsrunde zur Verfügung. Zum Thema "Welche Spuren hat die Corona-Krise im Leben von Kindern hinterlassen" diskutierten die Schulleiterinnen Andrea Rauh (Grundschule Zeil) und Angelika Schmitt (Grundschule Ebelsbach) sowie Susanne Bös-Naumann (Leiterin Caritas-Kindergarten Zeil), Andrea Finzel (Elternbeirat Mittelschule Zeil) und die Sander Gemeinderäte Matthias Naumann und Paul Hümmer, der auch SPD-Ortsvereinsvorsitzender in der Korbmachergemeinde ist.

Susanne Bös-Naumann berichtete aus der Anfangsphase der Notbetreuung, wo teilweise nicht klar war, welche Berufe systemrelevant sind. "Wir hatten zwar eine Auflistung bekommen, aber da waren manche Berufe nicht aufgeführt", so die Leiterin des Caritas-Kindergartens. Das Betreuer Team habe während des Lockdowns immer Kontakt zu den Kindern gehalten und das mit Briefen, Bastelmaterial und Videos unterstützt. Seitdem die Kindergärten seit 1. Juli wieder ihren Normalbetrieb aufgenommen haben, sieht Bös-Naumann die Erzieher als "Buhmann". Nach ihrer Meinung wird die Verantwortung von den Behörden abgeschoben auf das kleinste Glied, den Kindergärten vor Ort. Dort muss entschieden werden, ob ein Kind zum Beispiel trotz Schnupfens in den Kindergarten darf oder nicht. "Es muss eine Vertrauensbasis zu den Eltern da sein", so Bös-Naumann, die das jedoch durch solche Entscheidungen beeinträchtigt sieht. Auch sei ein Leitfaden für die Erzieher wünschenswert: "Aber nicht im Amtsdeutsch, sondern in verständlicher Sprache!"

"Wir Lehrkräfte waren erstmal ratlos, als die Schule von heute auf morgen dicht gemacht wurde", sagte Schulleiterin Andrea Rauh. Mit der Zeit habe man aber eine Strategie entwickelt, wie der Kontakt zu den Schülern aufrecht erhalten werden konnte. In Boxen vor der Schule wurden Arbeitsmaterialen zur Abholung durch die Eltern bereitgestellt und auch per E-Mail verschickt. Allerdings ist der Stand der Digitalisierung sowohl bei Eltern als auch bei den Lehrern recht unterschiedlich, so Rauh. Ihre Kollegin aus Ebelsbach berichtet von einer Umfrage auf der Homepage ihrer Grundschule. Demnach können 40 Prozent der Familien nicht an Videokonferenzen teilnehmen, weil entweder überhaupt kein PC oder Laptop vorhanden ist oder das einzige Gerät in der Familie von den Eltern zur Arbeit im Home Office verwendet wird. Beide Schulen haben auf Liveuntericht via Internet verzichtet und stattdessen Erklärvideos verschickt. Angelika Schmitt berichtet auch von einer sehr großen Solidarität der Eltern untereinander, denn nicht alle Haushalte haben beispielsweise einen Drucker. So fanden sich immer Eltern, die Arbeitsblätter ausgedruckt und in die Briefkästen der Mitschüler verteilt haben, so die Rektorin.

"Unser Server hat noch ein Diskettenlaufwerk", sagte Ebelsbachs Bürgermeister Martin Horn. Erst Corona war nötig, damit es jetzt eine Fördermöglichkeit gebe, so dass die Grundschule Ebelsbach bald mit moderner Technik ausgestattet werden kann. Generalsekretär Uli Grötsch wunderte sich, warum das Ministerium nichts auf die Beine gestellt habe, um noch mehr die Digitalisierung in den Schulen zu fördern. Der Bundestagsabgeordnete stellte fest, dass selbst wenn die Hardware zur Verfügung stehe, viele Einrichtungen diese nicht optimal nutzen können, weil kein WLAN im Gebäude verfügbar sei.

Der Sander Gemeinderat Paul Hümmer forderte für jedes Kind, genauso wie bei den Büchern, ein eigenes Tablett zur Verfügung zu stellen. Laut Natascha Kohnen hat die SPD einen Antrag im Bayerischen Landtag eingebracht, nachdem die Lernmittelfreiheit auch auf das Digitale ausgeweitet werden soll. Kohnen bemängelte auch allgemein die Informationspolitik des Ministeriums, das erst am 1. September bei einem Schulgipfel die genauen Regelungen für das bevorstehende Schuljahr bekanntgeben will: "Minister Piazolo muss endlich Klarheit schaffen". Gegen eine Ungerechtigkeit bei der Entlohnung der Lehrkräfte stemmte sich Bürgermeister Stadelmann. Lehrer in Realschulen und Gymnasien seien höher eingruppiert als ihre Kollegen in der Grund- und Mittelschule. Aber gerade in der Grundschule und der Mittelschule seien die Lehrer besonders gefordert. Diese hervorragende Arbeit dürfe man nicht unterschätzen, so Stadelmann. Die SPD-Vorsitzende nahm aus Zeil eine ganze Reihe von Vorschlägen mit auf den Weg und versprach sich den Themen anzunehmen. Bevor es in die Scheune von Paul Hümmer nach Sand ging, wo der nächste Termin mit dem Thema "Perspektiven für die Kommunen nach der Krise" anstand, hatte Natascha Kohnen aber noch einen Fernsehauftritt. Der Bayerische Rundfunk nutzte den Termin in Zeil, um vor der Kulisse des Marktplatzes ein Interview aufzuzeichnen, das dann abends in der Nachrichtensendung "Rundschau" lief. Hier äußerte Kohnen ihre Meinung über die Nominierung von Kanzlerkandidat Olaf Scholz, die an diesem Tag vollzogen wurde.

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