Rennrodel-Weltcup Keine Seele ohne Zuschauer

Kein Autorenname vorhanden
Sturzopfer Foto: Gerhard König

Der Oberhofer Rennrodel-Weltcup zieht seit Jahren die weltweit meisten Zuschauer an. Wie würde es werden – so ganz ohne Zuschauer? Und wie würde sich die umgebaute Bahn bewähren?

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Oberhof - Zumindest am Podium kam so etwas wie Atmosphäre auf. Auf einem Gesteck brannten drei Kerzen, passend zum dritten Advent. Ansonsten herrschte auf und neben der Bahn gähnende Leere. Der Oberhofer Rennrodel-Weltcup war seiner Seele beraubt, Fans mussten wegen Corona draußen bleiben. Wo sich sonst Zehntausende drängten, um einen Blick auf die vorbeirasenden Sportler zu erhaschen – nichts. Dort, wo einem sonst der verführerische Duft von Bratwürsten in die Nase stieg – nichts.

Bei so viel Trostlosigkeit sorgte wenigstens die umgebaute Bahn für den nötigen Thrill. Mal mit mehr, mal mit weniger Begeisterung. „In der Bahn selbst bekommt man das ja meistens gar nicht richtig mit“, meinte Doppelsitzer Sascha Benecken: „Dieses lang gezogene Kreischen haben wir sonst natürlich gehört, diesmal hat es aber gefehlt. Die Zuschauer sind und waren ja auch charakteristisch für Oberhof.“

Benecken und sein Vordermann Toni Eggert hatten sich die Oberhofer Bahn wie alle anderen Fahrer auch neu erarbeiten müssen. Kurios aber, dass einige der vielen Stürze an Stellen geschahen, an denen die Bagger nicht „Hand“ angelegt hatten, wie Eggert bemerkte. Trainingskollege Moritz Bollmann sagte: „Mit der Passage neun/zehn/elf muss ich noch warm werden, dafür sind die Kurven sechs und sieben für mich besser geworden.“

Nachdem die Bahn erst vor wenigen Wochen vereist wurde, ist die Eisschicht noch recht dünn. Darauf wollte Johannes Ludwig es aber nicht schieben, dass er seinen Vorsprung auf Felix Loch im zweiten Lauf einbüßte. „Es war auf jeden Fall nicht von Nachteil, der Felix kommt einfach immer besser in Schwung und hat im Vergleich zu den letzten beiden Jahren, als er einige Probleme hatte, noch mal einen Sprung gemacht.“

Kritik an den baulichen Veränderungen, mit denen die Oberhofer auf die stetig steigenden Geschwindigkeiten im Rennrodeln reagieren wollten, gab es von keinem Geringeren als dem zweifachen Olympiasieger Armin Zöggeler. „Ziel nicht erreicht“, kommentierte Zöggeler, inzwischen Trainer des italienischen Teams. „Grundsätzlich war das Ansinnen der Oberhofer richtig, die Umsetzung ist bis jetzt aber nur halbherzig geschehen“, sagte er mit Blick auf die im kommenden Jahr fortzuführenden Bauarbeiten. Und in Richtung Januar, wenn Oberhof für den in Lake Placid ausgefallenen Weltcup einspringt, prophezeite Zöggeler: „Dann, wenn wieder mehr Eis auf der Bahn ist, wird es auch deutlich weniger Stürze geben.“

Oberhofs OK-Chef Uwe Theisinger nahm Zöggelers Kritik gelassen. „Wenn wir die Umbauten nicht initiiert hätten, wäre zuerst die Nachwuchsarbeit auf der Strecke geblieben. Zudem sind die Anforderungen an Start- und Zielhäuser mittlerweile ganz anders als noch vor zwanzig Jahren. Ohne Umbauten wäre Oberhof auf Jahre hinaus weg vom Fenster gewesen.“

Julia Taubitz wollte die neuen Gegebenheiten nicht als Ausrede anführen, dass sie als Zehnte schlechtste Deutsche wurde. Dennoch sieht sie die Frauen ein wenig benachteiligt. Die Profilanpassungen hätten die Kurven steiler gemacht, die neuen Höhen sind für die Frauen schwieriger zu meistern. „Aber das ist sicher eine Gewöhnungssache.“

Bilder