So floss der, für Stärke und Kraft stehende, Leopard eines Morgens einfach die Wand hinunter. Ein kräftiger Regenschauer war stärker, der frisch gemalte Bereich – ein einziger Farbenmatsch. Alin Mor und ihr Freund nahmen es mit stoischer Gelassenheit und machten sich, stets gut gelaunt, an die Reparatur. So hatten sie schließlich noch ihr ganz eigenes, traumatisches Erlebnis, welches das Mural überwinden will.
Vielleicht hat das Trauma aber auch mit der Geschichte des Ortes zu tun, der Kothersgasse, dem einstigem Kern des jüdischen Viertels der Stadt. Die beiden säkularen Juden inspizierten es, sahen sich die Mikwe um die Ecke an und Bilder an. Zum Beispiel das Zeitzeugenfoto der Geschwister Ellen und Hans Hammerschlag, vor eben jenem Haus in der Kothersgasse, das Alin bemalt hat. Die Hammerschlags entkamen den Nazis und schafften es auf ihrer riskanten Flucht über viele Länder bis nach Israel und Chile.
Staunend betrachtet die 32-Jährige das Foto und muss an den allerersten Auslandsaufenthalt ihres Lebens denken, wie sie verrät. Er führte sie, im Mai 2022, in die Kothersgasse 4, ins thüringische Schmalkalden.