Premiere in meiningen Ein Plädoyer für die Kunst trotz Krieg

Pressekonferenz vor der Premiere: Intendant Jens Neunndorf von Enzberg, Regisseur Hinrich Horstkotte und Foto: Michael Reichel

Darf man in diesen Zeiten eine Oper über einen russischen Zaren spielen? Das Meininger Theater erinnert mit der Premiere von „Iwan IV.“ auch an die völkerverbindene Aufgabe der Kunst.

 
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Fast alle großen deutschen Zeitungen schickten am vergangenen Freitagabend Journalisten nach Meiningen, der MDR widmete der deutschen Erstaufführung von „Iwan IV.“ ein einstündiges Opernmagazin – mit der hierzulande erstmals zu erlebenden Komplettversion von Bizets lange verschollenen Oper ist das Meininger Theater mal wieder für einen Moment caput mundi, zumindest der deutschen Opernwelt. Ein Stück über Zar Iwan, genannt der Schrecklichen: Schreit das nicht geradezu nach Parallelen zum aktuellen Kreml-Herrscher? Mag sein, dass man, wenn man denn will, aus den künstlerischen Setzungen des Regisseurs da einiges herauslesen kann. Doch Hinrich Horstkotte sagt vor der Premiere auch: Ganz gleich, wie man sich zum Ukraine-Krieg verhält, auf der Bühne gelte es mit der gebotenen Distanz zu Werke zu gehen.

Denn der „Schreckliche“, das ist vor allem die westeuropäische Sicht auf jenen Zaren, der Martin Luther noch persönlich hätte begegnen können. „Man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich“ – schreibt – nein, nicht Iwan, sondern Luther 1525 über aufständische Bauern. Soll heißen: Legenden sind trügerisch, in Russland selbst ist Iwan eher als der „Mächtige“ in Erinnerung geblieben. Und in der Oper ist er eben kein Monster, sondern ein mächtiger und auch ein liebender Mann.

„Ich bin sehr glücklich, dass wie die Oper in Meiningen aufführen können“, sagt Intendant Jens Neundorff von Enzberg vor der Premiere. Geplant war das Stück schon für den Herbst 2021. Der Ausbruch des Ukraine-Kriegs hat daran nichts geändert. „Wir haben zu keinem Zeitpunkt überlegt, die Oper zu streichen“, sagt der Intendant mit Blick auf den russischen Hintergrund des Stücks. Und benennt die klare Haltung seines Hauses, sich als Ort der Kunst eben nicht für politische Ziele vereinnahmen zu lassen: „Wir sind ein öffentlicher Raum für jede Kunst und wir halten zum Beispiel auch an der Musik von russischen Komponisten fest.“ Er sehe sich und die Künstler des Meininger Theaters dazu verpflichtet, völkerverständigend und nicht ausgrenzend zu wirken. Die Kunst als nahezu einzige verblieben Brücke nach Russland – damit trifft der Intendant wohl auch den Ton des Meininger Publikums. „Die Kunst soll an diesem Haus weiterhin im Vordergrund stehen“, meint Jens Neundorff von Enzberg.

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