Eine Sicht, die auch Großbritanniens neue Premierministerin Liz Truss einst vertreten hat. In ihrer Zeit als Mitglied der liberaldemokratischen Partei Mitte der 1990er-Jahre sagte sie einmal in eine Fernsehkamera, es sei „schändlich“, dass Menschen zum Herrschen geboren würden. Das sieht sie inzwischen freilich anders.
Loslösung in der Karibik
Weit mehr als eine Minderheitsmeinung ist die Kritik an der Monarchie in den ehemaligen Kolonien in der Karibik. So kündigte der Regierungschef von Antigua und Barbuda unmittelbar nach dem Tod der Queen an, innerhalb von drei Jahren ein Referendum über die Loslösung vom britischen Königshaus an.
In Barbados, das sich erst im vergangenen November vom britischen Königshaus losgesagt und zur Republik erklärt hatte, und in Jamaika, wo Premierminister Andrew Holness im März einen Abschied von der Krone angedeutet hatte, kondolierten die Regierungschefs und drückten Bewunderung für Elizabeth II. aus. Es wurden aber auch karibische Stimmen laut, die dies angesichts der Geschichte britischer Kolonialherrschaft ablehnten.
Ungerechtigkeit und Blut
Laut einem Bericht der Zeitung „Jamaica Star“ wollten sich die Vertreter der Rastafari-Religion auf Jamaika - deren wohl bekanntester Anhänger Bob Marley war - nicht an der dort ausgerufenen Staatstrauer beteiligen. Das richte sich nicht gegen die Queen persönlich, sondern gegen das koloniale System, das sie angeführt habe, sagte demnach Priester Trevor Stewart.
Manche gingen einen Schritt weiter. Der Schriftsteller Ruel Johnson aus dem südamerikanischen Guyana zitierte etwa auf Facebook ein Gedicht des Poeten Martin Carter, der wegen Protests gegen die britische Herrschaft über das kleine Land 1954 inhaftiert worden war - zu dem Zeitpunkt war Elizabeth II. Königin und das heutige Guyana britische Kolonie. Dazu schrieb Johnson: „Kennt die Geschichte. Man hat euch ein sorgfältig kuratiertes Bild von Tassen Tee, Crumpets und Corgis vermittelt, obwohl das, was existiert, auf Blut und Ungerechtigkeit aufgebaut wurde.“
Aufregung um Tweet
Für Aufregung sorgte die aus Nigeria stammende Professorin Uju Anya von der Carnegie Mellon University in den USA. Als Elizabeth II. im Sterben lag, twitterte Anya: „Mögen ihre Schmerzen unerträglich sein.“ Kritik daran kam unter anderem von Amazon-Gründer Jeff Bezos, Twitter entfernte die Nachricht, ihre Universität distanzierte sich in einer Mitteilung von Anya.
Diese schrieb zur Erklärung mit Hinweis auf den nigerianischen Bürgerkrieg: „Wenn jemand von mir erwartet, dass ich irgendwas anderes als Verachtung für die Monarchin zum Ausdruck bringe, die über eine Regierung Aufsicht führte, die den Völkermord unterstützte, der die Hälfte meiner Familie massakrierte und vertrieb und dessen Folgen die heute Lebenden immer noch zu überwinden versuchen, könnt ihr weiter fromm wünschen.“