Meiningen. In der Vergangenheit verschafften sich immer wieder die Geschäftsleute bei den Stadträten Gehör, wenn über den Status der Anton-Ulrich-Straße zu reden war. Aus der Fahrstraße wurde eine Fußgängerzone und schließlich ein verkehrsberuhigter Bereich, sogar in beide Richtungen befahrbar und mit Parkflächen. Dabei ging offenbar unter, was eigentlich die Fußgänger und potenziellen Geschäftskunden davon halten, dass sie sich die Straße tagtäglich mit unzähligen kleinen und großen Fahrzeugen teilen müssen.

Zwei Meiningerinnen machten nun, unabhängig voneinander, in der Einwohnerfragestunde der Stadtratssitzung ihrem Ärger über die Zustände in der Anton-Ulrich-Straße Luft. Dabei argumentieren die Geschäftsleute immer damit, ihre Kundschaft wolle, das man bis vors Geschäft fahren und dort parken kann. Karin Bach, die sich als Erste zu Wort meldete, begann zunächst mit der Georgstraße, der eigentlichen Meininger Fußgängerzone. Innerhalb nur weniger Minuten seien ihr dort dieser Tage vier Paketdienste, ein Getränkeauto und ein privater Pkw mit Anhänger begegnet, schilderte sie empört. Sie wisse von Eisenach, dass dort nur in der Frühe die Fußgängerzone aufgeschlossen werde. Danach dürften die Lieferfahrzeuge die Geschäfte nur noch von hinten andienen. „Das müsste doch hier auch zu machen sein“, forderte Karin Bach.

Gefährlich, laut, schmutzig

Dann kam sie auf die Anton-Ulrich-Straße zu sprechen. Im Einmündungsbereich Meisengasse sei das – eigentlich für die Nutzung als Fußgängerzone ausgelegte – Pflaster schon total verschoben und kaputtgefahren worden durch den Durchgangsverkehr. „Als Fußgänger haben wir in der Anton-Ulrich-Straße überhaupt keine Lobby mehr“, so ihr Vorwurf. Neben der Gefährdung durch die zu schnell fahrenden Autos beklagte sie vor allem den großen Lärm und die permanente Luftverschmutzung durch die Freigabe der Straße für den Verkehr. „Seit zehn Jahren ist das nun schon eine Versuchsstraße“, spielte sie auf einen früheren Stadtratsbeschluss an, die Fußgängerzone testweise zum verkehrsberuhigten Bereich umzuwidmen. Die Entscheidung dazu und auch die spätere Verlängerung der Testphase war im Stadtrat sehr umstritten gewesen, doch fand sich jeweils eine knappe Mehrheit.

Von einer verkehrsberuhigten Zone könne man längst nicht mehr reden. Durch die parkenden Fahrzeuge, die Straßenlokale und Werbeaufsteller werde man gezwungen, auf der Straße zu laufen, und durch die Fahrzeuge, die sich nichts ans vorgeschriebene Schritttempo halten, in Gefahr gebracht. „Irgendwas muss da geschehen“, forderte Karin Bach. „Wir sind daran interessiert, dass die Straße wieder schöner wird. Man schaut doch nur auf leere Fenster, weil dort keiner mehr wohnen möchte. Die Leute ziehen weg, weil es laut und dreckig ist. Auch für die Touristen ist es kein schöner Anblick, wenn überall die Autos herumstehen.“ Besonders schlimm sei das am Wochenende rund um das Hotel An der Kapelle.

„Spanndendes Thema“

Schließlich schlug sie vor, die Meisengasse abzupollern, damit die Stadt an dieser sensiblen Stelle nicht mehr gekreuzt werden kann. Bürgermeister Reinhard Kupietz kommentierte den Hinweis der Einwohnerin mit den Worten, dass die Anton-Ulrich-Straße seit langem ein spannendes Thema im Stadtrat sei. Weitere Stadträte äußerten sich nicht.

Beschluss überdenken

Karin Bachs drastische Schilderungen wurden danach von Christine Heusing aus Sicht des Behindertenbeirats genauso bestätigt. Die Straße sei ständig zugeparkt, die Aufsteller stünden mal rechts, mal links – sehr umständlich für alle Fußgänger, erst recht für Gehbehinderte. „Die Leute müssen dauernd die Seite wechseln und die Autos fahren nicht in Schrittgeschwindigkeit.“ Sehbehinderte würden dadurch vor die Ständer laufen, Hörgeschädigte könnten die nahenden Fahrzeuge nicht wahrnehmen, schilderte sie die ständigen Gefahren. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis etwas Schlimmeres passiere. Unbedingt müsse mit den Geschäftsleuten geredet werden – wegen der Aufsteller und dem wilden Parken. Christine Heusing forderte zudem, sich nach zehn Jahren wieder gegen die verkehrsberuhigte Zone zu entscheiden. Eine erste Herausforderung für den im Juni zu wählenden neuen Stadtrat. (any)