Lesen Sie weiter: Corona – Tot- und Lebendimpfstoffe – Welche Vorteile hat ein Totimpfstoff?
Endemie und Immunsystem
Das Immunsystem wird in einer Endemie nicht mehr mit einem neuartigen Erreger wie dem Coronavirus konfrontiert, sondern ist durch frühere Infektion oder durch Impfung gewappnet. Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, spricht von einer Grundimmunität, die vor allem durch Impfungen aufgebaut werden müsse.
Epidemische Verläufe im Sinne eines langdauernden oder schnellen Anstiegs von Infektionszahlen würden dann ausgebremst, erläutert der Epidemiologe Rafael Mikolajczyk aus Halle.
Was seit Pandemiebeginn Anfang 2020 abläuft, ist im Prinzip ein Prozess der Anpassung. „Wie lange die Anpassung bei Sars-CoV-2 dauern wird, lässt sich schwer voraussagen», sagt Wieler. Vier verschiedene Corona-Erkältungsviren gebe es schon. „Auch die sind irgendwann einmal vom Tier auf den Menschen übergegangen.“
Anzunehmen sei, dass der Übergang in den endemischen Zustand bei ihnen schon sehr lange zurückliegt, „Jahrzehnte oder Jahrhunderte“.
Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot:Streit um das Impfen – Die einfache Wahrheit der Impfgegner
Von der Pandemie zur Endemie
Bei Sars-CoV-2 ist die Situation wegen der vorhandenen Impfstoffe eine besondere. „Wenn sich ein Großteil der Bürgerinnen und Bürger impfen lässt, haben wir den endemischen Status mit weniger schweren Krankheitsverläufen schneller“, erklärt Wieler.
Eine neu auftretende Virusvariante oder Veränderungen bei bereits bekannten Varianten könnten den weiteren Verlauf jedoch stark beeinflussen. Es sei entscheidend, schnell und effektiv zu handeln, um die Verbreitung des Virus und neuer Varianten zu verlangsamen, so Wieler. Die Ausbreitung neuer Varianten zu verhindern, sei „extrem schwer“.
Solche Varianten könnten Epidemiologen zufolge grundsätzlich sowohl das Erreichen der Endemie hinauszögern als auch beschleunigen. Im Einzelnen hängt das etwa davon ab, wie gut der Impfschutz erhalten bleibt, wie sich die Verbreitungsgeschwindigkeit und die Krankheitsschwere verändern – und welche Maßnahmen in Kraft sind.
Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Gefahr durch neue Virusvariante – Omikron – schützen die Impfstoffe?
Von der Endemie zur Pandemie
Generell kann auch aus einer Endemie wieder eine Pandemie werden. „Neue Varianten können leider immer wieder zu einer neuen pandemischen Welle führen“, betont der Epidemiologe Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen. Umso entscheidender sei die globale Durchimpfung der Weltbevölkerung, „das verringert das Risiko für neue stark mutierte Varianten“.
RKI-Chef Wieler hält so ein Szenario derzeit „für eher unwahrscheinlich“ – wegen der bereits vorhandenen Grundimmunität in weiten Teilen der Bevölkerung. Viren entwickelten sich zwar auch dann punktuell weiter und könnten Krankheitswellen verursachen.
Für eine weitere Pandemie müsste sich das Virus laut Wieler jedoch „substanziell ändern – so wie man das von Influenzaviren kennt“. Doch Coronaviren besäßen keinen vergleichbaren Mechanismus.