Landtagsabstimmung AfD redet bei 60 Millionen Euro mit

CDU-Fraktionschef Mario Voigt will den umstrittenen Gesetzentwurf seiner Fraktion zur Senkung der Grunderwerbssteuer in der nächsten Plenarsitzung auf jeden Fall zur Abstimmung stellen Foto: dpa/Martin Schutt

Die CDU-Landtagsfraktion will die Grunderwerbssteuer senken – und wie es aussieht, könnte sie erfolgreich sein, weil sie die dafür entscheidende Zustimmung der AfD nicht stört. Damit würde die AfD in Thüringen wohl das erste Mal beim Einsatz von viel Geld maßgeblich mitreden.

 
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Nach all den ersten Malen aus den vergangenen Jahren zeichnet sich in der nächsten Woche wieder ein erstes Mal im Thüringer Landtag ab: Nachdem die Thüringer AfD nämlich im Freistaat bereits erstmalig einen Ministerpräsidenten gewählt hatte – im Februar 2020, den FDP-Politiker Thomas Kemmerich – und bereits erstmalig ein Gesetz entscheidend mit durch den Landtag gebracht hatte – im Februar 2023, das Spielhallengesetz – wird die AfD-Fraktion nun wahrscheinlich erstmalig und entscheidend bei einem Gesetz mitstimmen, bei dem es um wirklich viel Geld geht.

Denn nachdem der CDU-Fraktionsvorsitzende Mario Voigt angekündigt hat, den umstrittenen Gesetzentwurf seiner Fraktion zur Senkung der Grunderwerbssteuer in der nächsten Plenarsitzung auf jeden Fall zur Abstimmung zu stellen, sieht es ganz danach aus, als werde dieses Vorhaben den Landtag passieren – mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD und gegen die Stimmen der rot-rot-grünen Regierungskoalition. Die Pläne der Union, die Grunderwerbssteuer in Thüringen von derzeit 6,5 Prozent auf 5 Prozent abzusenken, werden den Freistaat nach vorliegenden Berechnungen jedes Jahr etwa 60 Millionen Euro kosten.

Dieses aus seiner Sicht richtige Vorhaben, argumentiert Voigt, werde sich die Union nicht dadurch kaputt machen lassen, dass Rot-Rot-Grün ihm nicht zustimmen wolle und es damit von den Stimmen der AfD abhängig ist, deren Thüringer Landesverband als gesichert rechtsextrem gilt. „Das ist die erste Steuersenkung, die es in Thüringen seit zehn Jahren gibt“, sagt Voigt. Dies sei insbesondere wichtig, um Familien beim Kauf von Wohneigentum zu entlasten. Damit wolle die CDU auch ein Zeichen gegen die Politik der Ampel-Regierung im Bund setzen, die die Menschen immer weiter belaste. Auf die Frage, ob er sich nicht daran störe, dass er das Vorhaben nur mit Hilfe der AfD durch den Landtag bringen kann, sagt er: „Nein.“

Auch Kemmerich, der derzeitige Sprecher der Gruppe der FDP im Landtag, sieht das so. „Ich halte das für eine gute Sache, die Absenkung auf 5 Prozent“, sagt er. Zudem würden über dieses Vorhaben nicht nur Familien und Unternehmen entlastet, es helfe auch der einbrechenden Baukonjunktur. Die Liberalen würden deshalb dem Gesetzesentwurf zustimmen, gleichwohl die entscheidenden Stimmen bei der Abstimmung von der AfD kommen dürften.

„Die Rolle der Opposition ist, eigene politische Ziele zu verfolgen“, sagt Kemmerich. Diese Rolle könne man nicht aufgeben, weil vielleicht „der Falsche“ zustimme. Nach den bisherigen Planungen soll der CDU-Gesetzesentwurf am nächsten Donnerstag im Plenum aufgerufen werden. Die AfD hat bereits signalisiert, den CDU-Vorschlag mittragen zu wollen. Wie so oft in solchen Fällen behauptete ein Vertreter der AfD-Fraktion in der Vergangenheit, mit ihrem Vorstoß greife die CDU immerhin eine AfD-Position auf.

Form der Zusammenarbeit

Aus den Fraktionen von Linke, SPD und Grünen dagegen kommt heftige Kritik daran, dass die CDU offenbar beabsichtigt, ihr Vorhaben gestützt auf die AfD durch das Landesparlament zu bringen. „Das ist tatsächlich eine politische Geisterfahrt“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Hey. „Damit wird unweigerlich der AfD eine haushalterische Gestaltungsmacht gegeben, ohne Not.“ Wenn das keine Form der Zusammenarbeit zwischen CDU und AfD sei, dann wisse er nicht, wodurch sich eine solche Zusammenarbeit dann auszeichnen solle.

Er könne deshalb eigentlich gar nicht glauben, dass Voigt es auf eine solche Abstimmung ankommen lassen wolle, sagt Hey. „Und ich hoffe, Friedrich Merz hört das.“ Das ist ein Anspielung darauf, dass Merz, der CDU-Bundesvorsitzende, damit gedroht hatte, jedem CDU-Mitglied, das mit der AfD kooperiere, drohe ein Parteiausschlussverfahren. Die Grüne-Fraktionsvorsitzende Astrid Rothe-Beinlich sagt, der CDU gehe es bei dieser Debatte um „eine Machtprobe“.

Aus Sicht von Rothe-Beinlich, Hey und des Linke-Fraktionsvorsitzenden Steffen Dittes ist der Plan der CDU auch inhaltlich falsch. Wenn man mehr für Familien tun wolle, müsse man damit nicht bei den Familien anfangen, die in der Lage seien, sich ein Haus für 300 000 bis 500 000 Euro zu kaufen, sagte er. Um eine solche Steuererleichterung zu finanzieren, müssten im Landeshaushalt Ausgaben für Menschen gestrichen werden, die wirklich sozial bedürftig seien.

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