Klimasteckbrief Höhere Temperaturen und weniger Niederschlag im Ilm-Kreis

Berit Richter
  Foto: dpa/Jens Büttner

Das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz rechnet für den Ilm-Kreis mit steigenden Temperaturen und weniger Niederschlag. Unumstritten ist das den Klimasteckbriefen zugrunde liegende Szenario aber nicht.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Der Klima-Steckbrief für Ilmenau verheißt bis 2050 einen Temperaturanstieg um 2,6 Grad. Ab 2046 ist ein heißes und trockenes Jahr wie 2014 Durchschnitt. Zudem ist mit einer starken Zunahme von heißen Tagen und sommerlicher Hitze zu rechnen. Im Winter wird Dauerfrost unwahrscheinlich. Kälteperioden werden abnehmen. So die Kurzfassung von zehn A4-Seiten mit Klima-Informationen des Thüringer Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN). Alle fünf Jahre erstellt dieses solche Klimasteckbriefe für Thüringer Kommunen.

Die Prognosen für die ausgewählten Orte im Ilm-Kreis klingen dabei allesamt ähnlich: Höhere Temperaturen, weniger Niederschlag. Großbreitenbach müsse demnach mit einem Temperaturanstieg um 2,7 Grad bis 2050 rechnen. Ab 2038 seien Temperaturen wie 2014 normal. Bei Martinroda heißt es „Ab 2050 ist ein Jahr wie 2019 Durchschnitt.“ Bis dahin soll die Temperatur um 2,6 Grad steigen. Ein gleichlautender Anstieg wird für Arnstadt und Stadtilm prognostiziert. Ab 2046 soll ein heißes und trockenes Jahr wie 2019 Durchschnitt sein. Stadtilm muss sich ab 2024 auf Temperaturen und Trockenheit wie 2014 einstellen. Für alle Ortschaften gilt laut TLUBN: Starke Zunahme von heißen Tagen/sommerlicher Hitze, Dauerfrost wird immer weniger wahrscheinlich, Kälteperioden werden abnehmen.

Wärmer und trockener

Ein zweiter Steckbrief beschäftigt sich mit der Entwicklung bei den Niederschlägen. Hier heißt es allgemein: Der Jahresniederschlag ändert sich in Zukunft nur geringfügig, allerdings gibt es Veränderungen innerhalb der Jahreszeiten. Im Sommer nimmt der Niederschlag ab, im winter zu. Der größte Rückgang der Niederschlagsmenge wird mit -14 Prozent für Großbreitenbach prognostiziert wo der durchschnittliche Jahresniederschlag bisher bei 1118 Millimetern pro Quadratmeter liegt. Martinroda kommt bisher auf 871 Millimeter und muss mit einem Rückgang um 13 Prozent rechnen. Für Ilmenau prognostiziert das Amt ebenfalls ein Minus von 13 Prozent bei durchschnittlich 966 Millimetern. Weniger Niederschlag gibt es in Arnstadt und Stadtilm mit 633 beziehungsweise 665 Millimetern. Hier soll der Rückgang 12 und neun Prozent betragen.

Bei seinen Steckbriefen, die beim Naturschutztag des Ilm-Kreises auslagen, geht das Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz vom schlimmsten Szenario aus, dem sogenannten RCP8.5. RCP steht dabei für „Representative Concentration Pathways“, also „Repräsentative Konzentrationspfade“, bei denen die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre und der Strahlungsantrieb wichtig sind.

Die Zahl bei den unterschiedlichen Szenarien bedeutet unterschiedlich hohe Treibhausgaskonzentrationen. „Bei dem Szenario RCP8.5 beträgt der Anstieg der globalen Mitteltemperatur bis zum Jahr 2100 etwa 4,8 Grad Celsius im Vergleich mit dem vorindustriellen Zustand beziehungsweise 4 Grad gegenüber 1986 bis 2005“, heißt es bei bildungsserver-wiki im Internet. Im mittleren Szenario RCP4.5 erreiche die Erwärmung 2,6 Grad gegenüber dem vorindustriellen Wert. Beim optimistischesten Szenario RCP2.6 bleibe der mittlere globale Temperaturanstieg unter dem 2-Grad-Ziel.

Dass die Politik, gern auf das schlimmstmögliche Szenario verweist, wird von Experten kritisiert. „Das pessimistischste Modell RCP8.5 ist längst widerlegt“, schrieb zum Beispiel letztes Jahr Axel Bojanowski in der Tageszeitung „Die Welt“. Die „Süddeutsche Zeitung“ verwies schon 2020 in einem Artikel von Marlene Weiß auf Christopher Schwalm vom „Woods Hole Research Center“ in Massachusetts, demnach bei Fortschreibung der heutigen Klimapolitik etwa drei Grad Erwärmung bis 2100 als wahrscheinlichstes Ergebnis gelten.

Viele Unbekannte

Laut Zeke Hausfather vom „Breakthrough Institute“ seien die RCP-Szenarien nie für die kurzfristige Entwicklung gedacht gewesen, sie bezögen sich vielmehr vor allem auf das Ende des Jahrhunderts. Wie sich das Klima genau entwickle, hänge von vielen Faktoren ab, unter anderem wie viel Kohlendioxid künftig durch Verbrennung fossiler Energieträger ausgestoßen werde. Weitere Unbekannte seien Bevölkerungswachstum, der Einsatz erneuerbarer Energien und die Landnutzung. Das Landesamt geht lieber vom schlimmsten Szenario aus und gibt auch Handlungsempfehlungen an die Kommunen wie die Erstellung eines Hitzeschutzplanes, die Entsiegelung von Flächen und die Anpassung der Kanalisation an einen Wechsel von Starkregen und Trockenheit. Im kommenden Jahr sollen die Klima-Steckbriefe fortgeschrieben werden.

Bilder