War das ein schönes Bild: Einträchtig standen sie unlängst zusammen, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und sein französischer Kollege Bernard Kouchner, um mit dem Sänger Murat Ersen (genannt Muhabbet) und einem Chor, bestehend aus acht Migranten, einen Deutschland-Song aufzunehmen. Ja, ja, wenn die Politiker von der Muse geküsst werden: Da menschelt es – und wir glauben zumindest einen Moment, dass sie doch irgendwie zu uns gehören. Der Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee spielte vor einigen Jahren, damals noch Oberbürgermeister, das Cello, um die Olympiabewerbung Leipzigs zu befördern. Und Helmut Schmidt, der Alt-Kanzler, setzte sich einst gemeinsam mit den Profis Christoph Eschenbach und Justus Frantz ans Piano, um Mozarts Konzert für drei Klaviere einzuspielen. Crossover nennt man das, wenn jemand das angestammte Feld verlässt. Das passiert im engeren Rahmen – wenn Yehudi Menuhin mit Stephane Grappelli Jazz improvisiert oder Keith Jarrett sich mit Mozart beschäftigt. Das kann sich aber auch grenzüberschreitend ereignen, Beispiele gibt es in Fülle: der Schriftsteller Günter Grass mit seinen Zeichnungen; der Politiker Winston Churchill mit seinen Gemälden; der Schriftsteller Boris Pasternak, der Philosoph und Schriftsteller Friedrich Nietzsche und der Maler Lyonel Feininger mit ihren jeweiligen Kompositionen; der Komponist Paul Hindemith mit seinen Zeichnungen; der Schriftsteller Hermann Hesse mit seinen Aquarellen. E. T. A. Hoffmann war nachgerade ein Gesamtkunstwerk: Jurist, Schriftsteller, Kritiker, Maler, Zeichner, Dirigent, Komponist. Doch zurück zum Tage: Im benachbarten Hessen sollen sich, so ist es der Wunsch des dortigen Rundfunks, die Bürgermeister im Karaoke produzieren. Man sieht, vom Erhabenen zum Lächerlichen ist es wirklich nur ein ganz kleiner Schritt. Dann doch lieber zwei Karten für den ehemaligen Arbeitsminister Norbert Blüm lösen, wenn er sich (mit Tatort-Kommissar Peter Sodann) nach seinen früheren politischen Kabarettauftritten („Die Renten sind sicher“) nun auf den Theaterbrettern beim „Heimatabend“ versucht. Zurück auch noch einmal zu Steinmeier. Vielleicht könnte er, mit seinen frisch gesammelten musikalischen Erfahrungen, die beiden groß-koalitionären Streithälse Angela Merkel und Kurt Beck vors Mikrofon bringen – und ihnen auch gleich (denn der schwarz-rote Dauerkrach hat viel Operettenhaftes) die passenden Noten vorlegen: „Niemand liebt dich so wie ich ...“