Thüringens Arbeitnehmer gehören gewiss nicht zu den Besserverdienern. Ihre Lohntüten gehören zu den schmalsten im ganzen Osten, wo kaum jemand schwere Geldsäcke schleppt. Das kann man mit Rückständen bei der Produktivität erklären, die es durchaus gibt. Aber auch mit der Geschäftemacherei von Firmenchefs, die Krämerseelen und Kleingeister, aber keine Unternehmer mit Visionen sind. Wenn zwischen benachbarten Betrieben einer Gruppe in Hessen und Thüringen keine Produktivitätslücke, aber eine Lohnlücke klafft, grenzt das an Diebstahl und Lohnprellerei. Wenn Unternehmer innerhalb weniger Jahre Millionäre werden und die Leute schlecht bezahlen, ist das Raffgier. Doch es gibt abseits der Löhne und Gehälter noch viele "Halteprämien", die für Unternehmer offenbar Fremdwörter sind. Der Kaffeeautomat, an dem sich die Belegschaft kostenlos bedienen kann, der Obstteller, das Mineralwasser, gerade an heißen Tagen, aber auch ein gutes Betriebsklima, nette Worte ganz einfach: Das gehört in guten Ostfirmen heute dazu. Wer Auszubildenden mit dem Spruch kommt, Lehrjahre seien keine Herrenjahre, muss sich nicht wundern, wenn der Nachwuchs das Weite sucht.