Keramik-Symposium „Man denkt, das Kunstwerk lebt

„Mädchen mit Tattoo“, „Mann mit goldenen Ohrringen“ und „Schlossherr“ – drei Werke von Stephanie Roos. Über „Schlossherr“ sagt eine Besucherin: „Man denkt, das Kunstwerk lebt“. Foto: Steffen Ittig

Im Atelier von Schloss Glücksburg präsentieren acht Künstler aus aller Welt ihre Werke, die beim 12. Keramiksymposium in Römhild entstanden sind.

 
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Von Jan-Thomas Markert

Wer am lauen Freitagabend durch den Torbogen des Schlosses Glücksburg läuft, den erwartet mehr Lichterschein als zumeist in dieser einladenden, altehrwürdigen Kulisse. Das Keramikatelier mit seinen großen Rundbogenfenstern ist hell erleuchtet und empfängt mehr als 60 Besucher, die eine Reihe gerade erst fertig gestellter Kunstwerke zu sehen bekommen. Acht Künstler aus Ungarn, China, Südkorea, der Ukraine und Deutschland, die bis auf eine Ausnahme alle in Deutschland leben, präsentieren dort nach vier Wochen Arbeitszeit ihre Werke beim Finale des 12. Keramiksymposiums in Römhild unter dem Motto „Die Kraft der Kunst“.

„Man kann staunen, was hier entstanden ist“, sagt Michael Knie, der Vorsitzende des Fördervereins, der das Symposium alle drei Jahre – Ausnahmen bestätigen die Regel – ehrenamtlich organisiert und dafür reichlich Lob erntet. „Ohne diesen Verein würde das Symposium nicht funktionieren, bei aller Hilfe von außen – von der Stadt, von Sponsoren und anderen Unterstützern. Dafür ein großes Dankeschön“, sagt Bürgermeister Heiko Bartholomäus (CDU). Lob verteilen auch die Künstler, die Hermann Grüneberg aus Halle am Vorabend kurzum zu ihrem „Klassensprecher“ auserkoren haben, wie er verrät: „Wo kein Essen ist, da ist keine Freude, heißt es in Portugal – und besonders auch in Römhild“. Das eng gewobene Netz an kulinarischen Ereignissen habe nicht nur für eine gute Versorgung, sondern auch für eine passable Tagesstruktur der Teilnehmer gesorgt und sei Grundlage für den Austausch unter den Künstlern gewesen, „der Kern eines Symposiums ist“. Im Austausch stehen, dazu lernen und dennoch wie sonst auch kreativ arbeiten bei einer solchen Veranstaltung, aber unter anderen Bedingungen. „Sonst arbeite ich Tag für Tag allein“, sagt Stephanie Roos, die nahe Karlsruhe wohnt. „Die Bedingungen hier sind extrem gut mit zehn Brennöfen, einem technischen Leiter und viel Platz.“

Stephanie Roos beeindruckt mit drei Büsten und Halbfiguren in unterschiedlichen Maßstäben, darunter einem Kameramann, der am ersten Symposiumstag für das Fernsehen filmte („Mann mit goldenen Ohrringen) und Thomas Bacholski („Schlossherr“), der seit 14 Jahren im Schloss wohnt. „Sehr naturalistisch, hervorragendes Handwerk“, urteilt der Bildhauer Dieter-Robert Frank aus Milz und seine Lebensgefährtin Regina meint: „Wenn man nah herangeht, denkt man, das Kunstwerk Schlossherr lebt.“ Wie lebensnah die Halbfigur gefertigt ist, davon kann sich später jeder Besucher überzeugen, als Thomas Bacholski der Abschlussveranstaltung einen Besuch abstattet.

Der Ukrainer Yuriy Musatov, der sich als künstlerischer Botschafter für sein Heimatland bezeichnet, bezieht den dort tobenden Krieg aktiv in seine Kunst ein. In Römhild zeigt er unter anderem ein gesprengtes Haus in Mariupol und das Gerüst eines ausgebrannten Fachwerkhauses. „Dessen schwarzes Gebinde ähnelt dem Südflügel von Schloss Glücksburg sehr stark – und damit seiner täglichen Ansicht aus dem Atelier vor Ort“, sagt Kuratorin Ruth Heftrig und verweist auf die Selbstzerstörungswut der Menschheit: „Die Botschaft: ein ausgebranntes, vom Krieg zerstörtes Gebäude kann überall sein! Nicht nur in der Ukraine, sondern auch hier, in der Idylle des Thüringer Grabfeldes.“

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