Kaltenwestheimer Jubiläum Hundert Jahre mit Wienern, Alaska & Co.

So eine Ausstellung zum Jubiläum will gut vorbereitet sein – schon seit Montag laufen die Aufbauarbeiten im „Wetzstein“. Helfer hatten die Kaltenwestheimer Kaninchenzüchter dabei auch von Unterweider und Kaltensundheimer Zuchtfreunden. Dirk Eisenbach (vorn, dritter von links) ist sehr froh darüber. Alle gemeinsam hoffen auf viele Gäste bei der Schau.Foto: Iris Friedrich Foto:  

Ein Jubiläum muss gefeiert werden – allen Widrigkeiten zum Trotz. Die Kaltenwestheimer Kaninchenzüchter begehen also ihr 100. Vereinsfest mit einer Ausstellung, auch wenn einige von ihnen erstmals gar nicht selbst ihre Tiere ausstellen können. Die Tradition lebt trotzdem weiter.

 
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Es war in der Schneiderstube von Albert Brungräber, in der an einem grauen Novembertag 1922 in Kaltenwestheim der Kaninchenzuchtverein gegründet wurde. Ein Jahr später kam der Geflügelzuchtverein dazu und blieb es bis 1961. Seitdem sind die Kaninchenzüchter wieder eigenständig – Folge einer Vereins-Politik in der DDR, die möglichst viele Vereine sehen wollte und also Strukturen auseinandernahm. So ist es in der Chronik des Kaninchenzuchtvereins T 399 zu lesen. Zwischendurch hieß der Verein auch mal anders, hatte ein S für Suhl vorndran. Heute steht das T wieder für das Land Thüringen und wird samt Nummer in die langohrigen Tiere der Züchter tätowiert.

Eigenversorgung stand viele Jahre im Fokus der Kaninchenzüchter

Nach dem Krieg hatte sich der Verein wiedergegründet. Kaninchenzucht war damals, in kargen Zeiten, sehr wichtig für die Eigenversorgung. Albert Brungräber blieb lange Jahre der Vorsitzende und man organisierte auch so manches Husarenstückchen: Etwa eine große Kreisausstellung für den damaligen Kreis Bad Salzungen in Kaltenwestheim im „Stern“ – und abends war im gleichen Saal Tanz. Also mussten bis 20 Uhr alle Tiere und Käfige wieder verschwunden und der Saal gekehrt sein, um das Tanzbein zu schwingen.

Solch einen Stress machen sich die Mitglieder des heutigen Kaninchenzuchtvereins nicht mehr. Sie haben – in „gewachsener“ Altersstruktur – genug zu tun mit dem Einräumen und Vorbereiten der aktuellen Jubiläumsschau, die am Samstag und Sonntag im Wetzstein zu erleben ist. Und so sind sie froh, dass es dabei schon seit Montag beim Aufbau auch Hilfe aus Unterweid und Kaltensundheim gab. Alle Wände und der Fußboden des sanierten Saales wurden mit Folie abgeklebt, ehe die vielen Käfige aufgestellt wurden – alles Vereinseigentum übrigens und sonst übers Jahr eingelagert. 221 Tiere ziehen hier ein und können am Samstag und Sonntag besichtigt werden. Drei Preisrichter – Rüdiger Kühne aus Brunnhartshausen, Mario Schäfer und Gerhard Pfrogner aus Berka-Werra – bewerten die Tiere. Auch Obmann Peter Brehm aus Trusetal hat ein Auge auf die Zuchtkaninchen.

Die Hessen kommen immer wieder gern nach Kaltenwestheim

Tiere aus 27 Rassen werden in Kaltenwestheim zu sehen sein. Ausgestellt werden sie von Züchtern aus Kaltenwestheim und Umgebung – Kaltensundheim, Kaltenlengsfeld, Unterweid zum Beispiel – und von hessischen Zuchtfreunden, so aus Poppenhausen, Kalbach, Seiferts, Wüstensachsen. „Die Hessen kommen immer wieder gern zu uns“, sagt Dirk Eisenbach, der Kaltenwestheimer Vereinsvorsitzende. Ihm selbst geht es in diesem Jahr übrigens erstmals so wie auch anderen seiner Vereinskollegen: Er kann keine Tiere ausstellen, weil er einige Verluste erlitten hatte und die Jungtiere nun noch zu klein sind. Die ADAC-Schau in Regensburg war die letzte große Schau vor Corona, bei der Eisenbach, Mitglied im Rex-Klub, seine Tiere zeigen konnte. Die Kreisschau der Rassekaninchenzüchter war dann schon abgesetzt worden.

Eigentlich hätten die Kaltenwestheimer auch 2022 wohl erst eine Schau im Herbst veranstaltet, doch man wollte das Jubiläum lieber jetzt – wo es noch sicher ist – unter Dach und Fach bringen. „Schön, wenn man sich jetzt unter Züchtern endlich wiedertrifft“, sagt Dirk Eisenbach.

Und auch interessierte Gäste sieht man sehr gern, denn die Kaninchenzucht hat leider mit Mitgliederschwund kämpfen. Viele der Züchter sind schon etwas älter, der Nachwuchs fehlt. Unter den 20 Mitgliedern im Jubiläumsverein sind zehn nur noch passive Mitglieder und nur zwei Jugendliche.

Die meisten Mitglieder hatte der Kaltenwestheimer Verein wie viele andere übrigens in den 1980er Jahren. „Damals konnte man mit Kaninchen gut Geld verdienen“, weiß der Vorsitzende. Aus der Chronik geht hervor, dass es für ein Kilo Fleisch 12,80 Mark gab, auch Felle waren begehrt. Jedes Jahr wurden dem Schlachthof Schleusingen rund 1200 Kaninchen aus der zentralen Sammelstelle, die in Kaltenwestheim eingerichtet war, zugeführt. Die Kaltenwestheimer Züchter errangen Pokale auch im DDR-Maßstab.

Unter den Kaninchen-Rassen, die heute in Kaltenwestheim gehalten werden, gibt es keinen Favoriten: Von den großen Blauen Wienern über Alaska und Castor Rex bis zu Kleinsilbern ist die Vielfalt im Dorf groß.

Heute ist die Zucht eine teure Liebhaberei geworden

„Mittlerweile ist die Kaninchenzucht eine teure Liebhaberei geworden“, notiert man nun in der Chronik. Insbesondere Futter und Tierarztkosten sind nicht zu unterschätzen – von der Zeit, die man in ein solches Hobby investiert, gar nicht zu reden. Aber der Gemeinsinn lebt auch heute noch unter den Züchtern weiter. Sie unternehmen gemeinsame Tagesfahrten – geplant ist eine im Herbst – und unterstützen das Dorfleben, etwa beim Sportfest, wo auch einige der Mitglieder im Verein engagiert sind. Andererseits freut man sich, eben auch Hilfe aus benachbarten Zuchtvereinen zu bekommen – so backen etwa auch Unterweider Frauen für das Kuchenbüfett zum Jubiläum.

Für die Schau am Wochenende hat Schmalkalden-Meiningens Landrätin Peggy Greiser die Schirmherrschaft übernommen – man erwartet sie persönlich am Samstagvormittag. Dann sollen der Pokal der Landrätin, der Pokal des Bürgermeisters, der Pokal der Jagdgenossenschaft, der Rhön-Wanderpokal und die begehrten Kreisverbands-Ehrenpreise übergeben werden. Ausgezeichnet werden auch die Züchter des bestens Rammlers, der besten Häsin sowie der beste Jugendzüchter. Die Teilnehmer dürfen sich über einen Erinnerungswimpel freuen, denn 100 Jahre Kaninchenzucht im Dorf – das ist schon etwas Besonderes.

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