Ilmenau - Es muss im Jahr 2009 gewesen sein, als Martin Strauch eher zufällig eine Entdeckung machte. "Bei der Vorbereitung zum Denkmaltag habe ich den Gedenkstein für Sidonia Hedwig Zäunemann in der nähe der Plauener Kirche gesehen", sagt er. Das Interesse des Volkshochschul-Fachbereichsleiters war geweckt, zumal sich bald herausstellte, dass eine Jahreszahl auf der Gedenktafel falsch war: In der Inschrift auf dem Gedenkstein sind die Lebensdaten der Dichterin mit 1714 bis 1740 angegeben. "Sie wurde aber 1711 geboren", sagt Strauch. Somit stand fest: Dieses Jahr kann ein Zäunemann-Jahr werden, da die Erfurter Dichterin, die in der Nähe von Plaue ums Leben kam, heuer 300 Jahre alt geworden wäre.

Daher gab es die Festveranstaltung am Samstag in der Ilmenauer Musikschule, taggenau 300 Jahre nach der Taufe von Sidonia Zäunemann. Der stellvertretende Landrat Rainer Zobel nannte Martin Strauch in seinem Grußwort den "Wiederentdecker von Sidonia Zäunemann, zumindest im Ilm-Kreis".

Seit 1982 geforscht

Womit er aber nicht uneingeschränkt Recht hatte, denn eine frühere Ilmenauerin (heute in Berlin lebend) hatte sich bereits seit 1982 intensiv mit der Erfurter Dichterin Zäunemann beschäftigt: Die Kulturwissenschaftlerin Ute Wermer. Sie war es daher, die Martin Strauch als Festrednerin für die Jubiläumsveranstaltung gewinnen konnte.

Ute Wermer zeigte anhand des Taufregisters der Erfurter Kaufmannskirche, dass Sidonia Zäunemann tatsächlich drei Jahre früher geboren wurde, als es auf ihrem Plauener Gedenkstein steht. Wie das falsche Geburtsdatum zustande kam, lässt sich nur vermuten: Es wurde im Taufregister wohl falsch abgelesen. "Danach haben einige Hobbyhistoriker den Fehler übernommen und wahrscheinlich falsch voneinander abgeschrieben, weil sich kaum einer die Mühe gemacht hat, gründlich zu forschen", sagte Strauch nach der Feierstunde.

Aus dem Wasser gerettet

Ute Wermer jedenfalls wusste nicht nur, dass Sidonia Zäunemann im Taufregister unter dem Namen Sidonia Heddewiga Zeünemann erstmals erwähnt wurde, sondern konnte mit weiteren interessanten Details aus dem Leben der Schriftstellerin aufwarten. Unter anderem mit dem Fakt, dass die Autorin zahlreicher Gedichte schon in ihrer Kindheit (am Erfurter Gera-Ufer) mehrfach ins Wasser gefallen, aber jedesmal gerettet worden war - tragischerweise war Zäunemann im Jahr 1740 bei einem Ausritt nach Ilmenau in der Nähe von Plaue ertrunken. Und, dass sie keine Angst davor hatte, allein zu Pferd zu reisen, auch bei Nacht. Was für die damalige Zeit ebenso ungewöhnlich war wie ein Damenbesuch in einem Ilmenauer Bergwerksschacht. Die emanzipierte Sidonia Zäunemann fuhr tatsächlich zweimal unter Tage und schrieb ein 38-strophiges Gedicht darüber.

Am Ende der höchst interessanten wie unterhaltsamen Veranstaltung gab es noch eine Überraschung: Der Plauener Jörg Becher überreichte ein Aluminiumguss-Medaillon der Dichterin, dass nach der original Gussform aus dem Jahr 1931 gefertigt wurde (damals wurde der erste Zäunemann-Gedenkstein in Plaue aufgestellt).

Das Medaillon soll nun ins Ilmenauer Stadt-Museum kommen. Allerdings weist es den schon bekannten Fehler auf: Auch hier ist als Sidonia Hedwig Zäunemanns Geburtsdatum das Jahr 1714 angegeben ...