Hoffest in der Rhön Kuhfriseure wetzen schon die Bürste

Birgitt Schunk
Das ehemalige Pförtnerhäuschen in Stedtlingen wird den Hofladen beherbergen. Foto: /Birgitt Schunk

In der Rhöner Agrargesellschaft Hermannsfeld ist Ernte in dieser Woche nur ein Stichwort, Hoffest das andere: Am Samstag,15. Juli, stehen in Stedtlingen alle Türen offen – auch die des neuen Hofladens.

 
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Höchste Zeit, wieder einmal die Landverpächter, Partner und die Bevölkerung einzuladen, um gemeinsam ein paar schöne Stunden zu verbringen – sagte man sich jedenfalls in dem Agrarbetrieb. Ihnen allen will man außerdem zeigen, wie Landwirtschaft heute funktioniert. „Das letzte Hoffest hatte es 2015 gegeben, als der neue Milchviehstall eingeweiht wurde“, sagt Geschäftsführerin Isabel Schmidt. Einen Anlass gibt es natürlich auch diesmal: „Am Samstag wollen wir unseren neuen Hofladen einweihen.“ Die Idee dazu gibt es schon länger im Betrieb, der heute bereits Milch in Flaschen, Joghurt, Butter und Saure Sahne ab Hof an die Kunden abgibt. Was 2021 langsam anlief, hat sich inzwischen gut entwickelt. 25 bis 30 Kisten Milch werden so pro Woche vom Firmensitz in Stedtlingen aus an den Mann oder die Frau gebracht.

Es sind die Produkte der Würzburger Milchwerke GmbH, in die die Agrargesellschaft Hermannsfeld ihre Milch liefert. Das dortige Unternehmen setzt auf das Siegel des Deutschen Tierschutzbundes „Für Mehr Tierschutz“, das seither auf der Milchflasche zu sehen ist. „Darauf setzen wir auch – unser Betrieb erfüllt die entsprechenden Bedingungen und so läuft unsere Milch unter der Premiumstufe mit zwei Sternen“, sagt die Agrarchefin. Hierfür mussten zahlreiche Kriterien erfüllt werden, was dem Unternehmen nicht schwer fiel.

Sie geben noch richtige Rahmmilch wie früher. /Birgitt Schunk

Im Sommer gehen die Kühe auf die Weide, im Winter auf den Laufhof. Zwölf Quadratmeter stehen heute pro Kuh im Stall zur Verfügung, 1200 Quadratmeter sind es auf dem Grünland. Und das kommt offenbar bei den Verbrauchern an. Die machen zwar in den Supermärkten, wo es alles gibt, ihren Wochenendeinkauf. „Für die Milch fahren viele aber extra zu uns“, sagt Isabel Schmidt. Damit honorierten die Leute offenbar nicht nur die guten Haltungsbedingungen im Betrieb, sondern auch den Geschmack. „Das hören wir immer wieder. Die Struktur der Milch ist außerdem noch so, dass sich oben in der Flasche Rahm absetzt – so wie das die Leute von früher her kennen.“ Und so entwickelte sich der Vertrieb der Flaschenmilch so gut, dass man das ausbauen wollte.

Isabel Schmidt. /Foto: Birgitt Schunk

Grüne Rhönlinsen und Rapskornkissen

Doch mit Milch alleine kann man keinen Hofladen bestücken. Das, was man überall in den Supermärkten bekommt, wollte der landwirtschaftliche Betrieb außerdem nicht in die Regale bringen. „Wir haben uns deshalb entschlossen, besondere und gute Produkte regionaler Produzenten ins Sortiment aufzunehmen“, berichtet Isabel Schmidt. Dabei macht man nicht an der Landesgrenze zu Bayern halt. „Wir verstehen uns in der Region als Ganzes – so wie auch bei der Milch, die jetzt unter der Marke Frankenland vertrieben wird.“ Und so soll es künftig in dem Hofladen neben den Milchprodukten auch Eis aus der Rhön, Nudeln, Holunderblüten- oder Ingwerlikör, Honig, Grüne Rhönlinsen, Rapsöl, besondere Gewürze aus einer Salzmanufaktur, Eier, Dinkelreis und einiges mehr geben. „Wir haben uns umgeschaut und gute Produkte entdeckt.“ Selbst Kissen mit Rapskörnern von den Feldern heimischer Landwirtschaftsbetriebe, die als Wärmespender dienen, will man feilbieten.

Der Kühlschrank ist zu klein geworden, aus dem bisher einige Produkte ab Hof verkauft wurden. Ein Laden wird deshalb eröffnet. /Birgitt Schunk

Als Hofladen dienen soll das einstige Pförtnerhäuschen am Eingang der Agrargesellschaft, die am Ortsrand von Stedtlingen ihren Sitz hat. Das wurde renoviert und hergerichtet. Geöffnet haben soll der Laden fortan donnerstags und freitags von 10 bis 18 Uhr sowie jeden ersten und dritten Samstag des Monats. Noch wird hierfür personelle Verstärkung gesucht.

Den Start wird es dennoch mit dem Hoffest geben und dem eigenen Personal. Mit der Offerte ist erst einmal einiger Aufwand verbunden. Die Zeiten sind zudem nicht einfach. Viele Geschäfte schließen, die Hermannsfelder Landwirte eröffnen hingegen einen neuen Hofladen. „Wir wollen etwas tun für die Leute auf dem Lande, die ohnehin schon von vielem abgeschnitten sind und weite Wege haben“, sagt die Agrarchefin. „Nicht jeder kann sonst wohin fahren, um Spezialitäten für sich oder als Geschenk einzukaufen. Also bringen wir gute regionale Produkte hierher.“ Kundschaft erhofft man sich auch von bayrischer Seite. Das alles sei auch noch ausbaufähig – etwa mit Lammfleisch zur Osterzeit. Wurst oder Schinken will man aber nicht ins Sortiment aufnehmen. „Wir haben schließlich einen sehr guten Metzger im Dorf und sind in diesem Punkt bestens versorgt“, sagt Schmidt.

Mehr Geschenke vom Agrarhof

Ausbauen will man auch die Sparte Geschenke. Das lief alleine schon mit den Molkereiprodukten gut. Der Agrarbetrieb war auf Firmen zugegangen und hatte seine Kühltasche mit Milch, Rezeptheft und zahlreichen Joghurts als kleines Präsent für deren Mitarbeiter angeboten – und die Unternehmen sahen dies als gute Idee. „Da haben wir zu Ostern immerhin für andere Betriebe 200 Stück zusammen stellen dürfen“, freut sich Isabel Schmidt.

Die Bilanz des Betriebes, die Probleme, der neue Hofladen oder die Ernte – all das wird Thema sein zum Hoffest zwischen 10 und 17 Uhr. Technik wird präsentiert, Holzrücken mit Pferden vorgeführt. Führungen zum Stall und zur Biogasanlage gibt es außerdem. Und wer mag, kann beim Melken zusehen. „Für den Blick in den Melkstand bauen wir extra eine Brücke.“ Die Kinder des Ortes werden am Nachmittag ein Programm zeigen – auf den Nachwuchs wartet zudem eine Hüpfburg. Die Vereine sind mit im Boot und kümmern sich um die Versorgung.

Gern kräftiger gebaut – und schön

Gespannt sein dürfen die Besucher auch aufs Show-Fitting. So heißt es, wenn Kühe schick gemacht werden für den Laufsteg. Junge Leute aus dem Betrieb werden zeigen, wie so eine Kuh gestylt wird. Erfahrungen sammeln in dieser Hinsicht konnten sie schon mehrfach, denn der Betrieb nahm bereits an einigen Jungzüchter-Wettbewerben teil. Dabei wurden nicht nur die Tiere im Schauring von Preisrichtern begutachtet – auch mussten die Züchter fachgerecht die Kühe übers „Parkett“ führen und selbst eine gute Figur abgeben. „Das ist immer ein großer Aufwand, aber es macht Spaß, bei solchen Veranstaltungen dabei zu sein“, sagt die Chefin, die selbst mit in den Ring steigt und das weiter ausbauen will. „Es wäre schön, wenn weitere Betriebe mitmachen und so für die Landwirtschaft und den Nachwuchs werben würden.“ Erste Plätze gab es noch nicht, aber auf dem Podest war man schon. „Unsere Tiere sind immer etwas kräftiger“, sagt Isabel Schmidt. Aber an dem Körperbau will man nichts ändern. Die Kühe sollen vital sein, gut Milch geben und das möglichst lange. „Hier steht unser Betrieb besser da als der Thüringendurchschnitt.“ Das sei die Philosophie des Unternehmens, das 430 Milchkühe hält. Der Bestand war um 150 Tiere abgebaut worden – auch weil in den vergangenen Dürrejahren das Futter knapp war. Die Kühe haben das honoriert. „Sie haben weniger Herdenstress, weil mehr Platz ist und geben mehr Milch.“ Auf diesem Weg will man weiter machen.

Heute stehen in der Agrargesellschaft Hermannsfeld 28 Beschäftigte in Lohn und Brot. Der Betrieb bewirtschaftet knapp 1800 Hektar, rund 800 davon sind Grünland.

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