HildburghausenDie massive Präsenz der extrem rechten Wählergemeinschaft Bündnis Zukunft Hildburghausen (BZH) und der rechtsextremen NPD zwischen Schleusingen und Ummerstadt ist vor der Kommunal- und Europawahl nicht zu übersehen. Seit Wochen schon bringen die vielen Plakate mit mehr oder weniger offenen rechtsextremen Parolen viele Einwohner auf die Palme. In Schleusingen startete das Bündnis gegen Rechtsextremismus eine Gegen-Plakataktion.

Taktischer Schulterschluss

Bei der vielfach gemeinsamen Plakatierung der Rechtsextremen, in Internetforen und in einem unter dem Titel „Heimatbote“ herausgegebenen und von der NPD finanzierten vierseitigen Pamphlets des BZH, das vor rassistischer Hetze, braunem Gedankengut und Heimattümelei nur so strotz, wird offensichtlich: NPD und BZH haben vor der Wahl offen den Schulterschluss vollzogen und ein taktisches Bündnis geschlossen. So verzichtet die NPD bei den Kommunalwahlen im Landkreis Hildburghausen zugunsten des BZH auf einen eigenen Wahlantritt. Damit wird deutlich: Das auf bekannte Gesichter und Heimatverbundenheit setzende BZH ist nichts anderes als ein regionaler Ableger der NPD, deren Kreisverband mit Tommy Frenck an der Spitze sich 2009 auflöste und im BZH aufging. Dieses trat 2009 mit sechs Kandidaten erstmals zur Kommunalwahl an und kam mit einem Sitz in den Kreistag.

Seit Mitte 2012, als Frenck nach einem Auslandsaufenthalt wieder nach Schleusingen zurückkehrte, hat das BZH seine Aktivitäten deutlich erhöht. Dies mit einer erneuten Annäherung an die NPD, die den Wahlkampf des BZH offenkundig massiv finanziell und logistisch unterstützt.

Zur diesjährigen Wahl tritt das BZH mit einer Liste von 23 Kandidaten an. Verstärkt versuchen die Rechtsextremen auch in den Kommunalparlamenten des Kreises Fuß zu fassen. Für den Stadtrat Hildburghausen gibt es acht Kandidaten, für Schleusingen drei. In fünf weiteren Kommunen des Landkreises steht jeweils ein Kandidat auf der BZH-Liste und in Pfersdorf bewirbt sich ein BZH-Mann um den Posten als Ortsbürgermeister. Es gibt thüringenweit nur wenige Landkreise, in denen die Rechtsextremen derart aktiv in die Kommunalparlamente drängen.

Im Angesicht massiver Wahlwerbung der Rechtsextremen und ihrer 23 Plätze umfassenden Kreistagsliste schwankt die Stimmung bei den demokratischen Parteien zwischen Erschrecken und Besorgnis. Erst jüngst hatte man im Kreistag eine gemeinsame Erklärung gegen Rechtsextremismus beschlossen. Eine Zusammenarbeit mit dem BZH, in welcher Form auch immer, kommt jedenfalls für keine Partei in Betracht.

Ursachenforschung

„Bei einer geringen Wahlbeteiligung könnten vielleicht zwei oder drei Kandidaten des BZH in den Kreistag kommen“, sagt etwa Sven Gregor von den Freien Wählern. Das mache ihm Sorgen, dennoch hält er die Gefahr, dass sie dort Einfluss nehmen könnten für gering. „Es ist immer einfacher, mit vermeintlich einfachen Wahrheiten aus der zweiten Reihe zu schießen, als bei selbst aktiv an der demokratischen Gestaltung des Landkreises mitzuwirken“, sieht er es.

Thomas Franz, Fraktionschef der SPD, pflichtet ihm bei: „Bisher war ein BZH-Vertreter im Kreistag. Eine Aktivität im Sinne von kommunalpolitischem Wirken war aber nicht zu erkennen.“ Deshalb sehe er auch keine direkte Gefahr für die Demokratie. Gleichwohl müsse man Ursachenforschung für ein solches Erstarken extremer Kräfte betreiben, räumt Franz ein. „Wir müssen dem demokratischen Gedanken der Einbeziehung der Bürger zu Entscheidungen mehr Platz und Raum geben.“

Demokratie müsse auch solcherart Begleiterscheinungen aushalten, meint FDP/Freie Bürger-Kreischef Thomas Vollmar. „Wir müssen uns damit auseinander setzen. Wenn wir versuchen, das auszublenden und totzuschweigen geht der Schuss nach hinten los.“

Keine Zweifel an der von Neonazis ausgehenden Gefahr hegt indes Sabine Günther, Kreischefin der Linken. Es verwundere nicht, das es im Landkreis wiederholt zu Vorkommnissen mit rechtsextremem Hintergrund kam. „Dieser Gefahr müssen demokratische Kräfte endlich geschlossen begegnen und die gemeinsame Erklärung der Kreistagsfraktionen mit Leben erfüllen“, appelliert sie an die Kreistagsmitglieder.

Appell an die Wähler

Er persönlich nehme die BZH-Kandidaturen gar nicht so ernst, sagt Marco Baumann, Kreisvorsitzender der CDU. Es sei fraglich, ob deren Populismus viele Wähler mobilisieren könne. Gleichwohl sei es nicht immer leicht, den Bürgern komplizierte Zusammenhänge der Sacharbeit im Kreistag zu vermitteln. „Das macht es solchen Leuten leider sehr einfach.“

„Wir werden die Neonazis behindern und bekämpfen wo es nur geht“, kündigt Astrid Rühle von Bündnis 90/Die Grünen an. Das Gleiche setze sie beim Landrat und bei den anderen Parteien voraus.
Indes appellieren alle Vertreter aller demokratischer Parteien an die Bürger, am 25. Mai von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Eine hohe Wahlbeteiligung sei der beste Garant dafür, den Einzug Rechtsextremer in die Kommunalpolitik zu verhindern.