Highfield-Festival in Großpößna Euphorische Schlammschlacht

Ausverkauft, hieß es beim Highfield-Festival in Großpößna bei Leipzig. 35.000 Besucher aus ganz Deutschland feierten ausgelassen und fröhlich zu 45 Bands an drei Tagen.

 
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Selbst der einsetzende Regen am Freitagabend, der das gesamte Gelände in eine Schlammarena verwandelte, tat der Stimmung keinen Abbruch. Man hatte förmlich den Eindruck, als freuten sich die Besucher aus allen Altersgruppen nicht nur darüber, dass das Highfield endlich wieder rockt, sondern auch irgendwie über den dringend gebrauchten Regen. Badend, rutschend und tanzend wurde in den Schlammpfützen vor den Bühnen gerockt.

Top-Organisation bietet Schlamassel die musikalische Stirn

Die Veranstalter waren gut gewappnet und füllten Zufahrten, Hauptwege und Sammelpunkte stets mit Stroh und milderten so die Rutschpartie gut ab. Dennoch wurden die Besucher am Samstag gebeten, nicht mit dem Pkw anzureisen, da die Parkplätze kaum noch befahrbar waren und Traktoren anrücken mussten. Generell gab es keine großen „Schnitzer“. Die Polizei vermeldete das „entspannteste Highfield“ aller Zeiten, mit kleineren Delikten im einstelligen Bereich.

Der Kraftklub strotzt dem Regen

Das lag sicherlich an dem gut gemischten Publikum aus ganz Deutschland – von 6 bis 66 war jegliche Altersklasse von Musikliebhabern zu sehen. Waren auch einige Corona bedingte Ausfälle im Spielplan zu verzeichnen (unter anderem Bad Religion, Giant Rooks, Großstadtgeflüster), so wurde seitens der Veranstalter schnell würdiger Ersatz gefunden. Das Line-up gestaltete sich mit vorwiegend deutschsprachigen Künstlern aus Rock, Pop, Indie und Rap.

Noch mehr Bilder gibt es hier: Highfield-Festival - Das Wochenende >>>


Wurde am Freitag zu Kontra K, Bosse und den härteren Riffs von Bring me the Horizon gefeiert, so war die euphorisierende Show der Chemnitzer von Kraftklub schon ein Regentanz. Dennoch war es der „Beste Festivalabriss“ der gesamten Saison, wie Frontmann Felix „Kummer“ zu seinem Solo-Gig am Samstagabend verkündete. Sein Auftritt war geprägt von kurzen Kraftklub-Hymnen und seinen tiefgreifenden, emotionalen Songs. Auch der „Letze Song“ –  es war die die letzte Show seines Soloprojekts – vermittelte: alles wird gut. Auch wenn es bis zu diesem Zeitpunkt seit Samstag nie so richtig aufgehört hatte zu regnen.

Was man merkt, dass man ein Festival mittlerweile im Haushaltsbudget gut mit planen sollte. Hat doch keine Branche so gelitten, wie die der Livemusik. So berappt man fürs Bier nun 6 Euro und eine Mahlzeit, aus einem echt breit gefächerten Angebot, kostete durchschnittlich 9 Euro. Dennoch – das, was ein Musikfestival einem in den paar Tagen an Lebensfreude, Kraft und schönen Erinnerungen beschert: unbezahlbar!

„Barfuß am Klavier“ und in den Pfützen

Dennoch minimierte das die ausgelassene, friedlich-fröhliche Stimmung kein bisschen. Weder bei den Bands, noch beim Publikum. Auf und vor der Bühne war die Freude nach zwei Jahren Zwangspause, endlich wieder gemeinsam zu feiern und auf der Bühne zu stehen, mehr als spürbar. Die Gigs der Antilopen-Gang und auch von den eingesprungenen Donots (statt Bad Religion), waren einfach nur pure Energie. Auch die Kölner Jungs von AnnenMayKantereit waren inklusiver Streicher und Trompeten emotionaler denn je. Sicherlich war es das Beste, in dem Schlamm „Barfuß am Klavier“ zu sitzen. So konnte man sich gut erholen, bevor die der Bühnenzirkus von Deichkind den absoluten Niedergang der Materie unter den Füßen verursachte – „leider geil“!

Sonntag bescheinigt nur „Gewinner“

Auch am Sonntag strahlten die Gemüter immer noch und dann endlich auch die Sonne. Der Strand lockte mit allerlei Aktivität und den Auftakt gaben die Kanadier von Cleopatrick – ein echtes Schmankerl im sonst recht bekannten Line-up. Neben den derben Tönen von Zebrahead und Callejon, war für viele jüngeren Besucher der Auftritt von Schmuse-Popper Joris der Ausgleich bevor der Endspurt des diesjährigen Highfield mit Clueso, Casper, Madsen und den Broilers startete. Der Erfurter und Ur-Highfielder Clueso punktete mit Charme, positiven Vibes und perfekt abgestimmter Band, dem es der Meister der Melancholie, Casper, gleichtat. Die Broilers zeigten in deutscher Punkrock-Manier, dass sie den Spielplatz von LimpBizit mehr als verdient haben und lieferten ein fulminantes Finale mit Ausrufezeichen. Ein Wochenende voller „lebensverlängernder Momente“, wie Clueso feststellte.

Stephan Thanscheidt, CEO von FKP Scorpio, zeigt sich hochzufrieden mit dem Festivalverlauf: „Wir hatten uns gewünscht, dass unser Wiedersehen am Störmthaler See nach der langen kulturellen Flaute etwas Besonderes wird – und diesen Wunsch haben uns Künstler und Fans definitiv erfüllt. Die Freude über die Wiederkehr von Livemusik war allerorts greifbar und wurde auch durch einige Schauer nicht getrübt. Mit der sehr frühen Bestätigung von ersten großen Namen für das kommende Jahr machen wir unseren treuen und neuen Gästen hoffentlich eine besondere Freude. Wir möchten unsere Euphorie und Dankbarkeit über den geglückten Neustart mit ihnen teilen und können es schon jetzt kaum erwarten, uns alle in 2023 wiederzusehen.“

Musikalisches Mantra bis zum nächsten Jahr

Und was nimmt man nach zwei Jahren kultureller Zwangspause, in der die gesamte Welt plötzlich Kopf steht, mit? Auch wenn rundherum alles im einheitlichen himmelsgrau und Matsch der Ereignisse versinkt: „Dreh mich lieber um und die Musik auf“ – bis zum nächsten Highfield. Hierfür sind schon die ersten Bands gesetzt: Ärzte, SDP, RIN, Beatsteaks, Badmómzjay, Yaenniver und Nina Chuba. Der Vorverkauf startet am Dienstag, 23. August, um 12 Uhr. Tickets ab 149 Euro gibt es auf der Highfield-Website.

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