In Sachen Windenergie rechnet Marco Siller mit zusätzlichen 15 Windrädern, die weitere 75 MW erzeugen sollen. Er könne sich dabei je fünf an drei verschiedenen Standorten vorstellen. Wind und Sonne würden sich dahingehend ergänzen, dass im Sommer häufig viel Sonne und wenig Wind herrscht, im Winter sich die Verhältnisse jedoch umkehren.
Wichtig sei bei alledem nicht den "Heuschrecken" von außerhalb Tür und Tor zu öffnen, sondern die Wertschöpfung in der Region zu behalten. Wie schon bei dem Windpark in Sailershausen solle den Bürgern vor Ort die Möglichkeit gegeben werden, nicht nur als Verpächter, sondern auch als Investor Geld zu verdienen und auch die Kommunen über die Gewerbesteuer profitieren zu lassen.
Die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien sei, so der GUT-Geschäftsführer, aber nur eine von drei Säulen, die man für eine komplette Energiewende benötige. Mit rund 2 Millionen MWh sei der Bedarf bei der Wärmeversorgung und der Mobilität um ein Vielfaches größer als der Strombedarf. Auch wenn eine Wärmegewinnung durch Geothermie möglich sei, werde an der Wärmeanomalie in den tieferen Gesteinsschichten ( wir berichteten mehrfach ) derzeit noch geforscht. Vereinzelt seien auch Nahwärmenetze mit der Verwertung von Holz möglich. Langfristig würde man vor allem in der Mobilität aber wohl auf Wasserstoff oder andere Gase setzen. "Wenn wir in Wasserstoff oder Gas denken, dann brauchen wir immer zuvor Strom", räumt Siller ein. Der Fokus liege daher zunächst auf der Stromversorgung.
"Wir müssen aufpassen, dass wir den dritten Schritt nicht vor dem ersten machen", mahnt er. Schließlich sei vieles davon derzeit noch Ideen auf dem Reißbrett. Zunächst gelte es zu erproben, ob und wie weit die Kommunen - und damit die Bürger - im Landkreis bei diesem Unterfangen überhaupt mitgehen wollen und können. Siller hat daher seinen Antritt als Geschäftsführer im Mai genutzt, um sich und sein Verständnis für die Energiewende in den Stadt- und Gemeinderäten des Landkreises vorzustellen ( siehe Artikel unten ). Denn eines soll laut Siller auf keinen Fall sein: "Die Energiewende kann nicht auf Basis von Kirchturmpolitik stattfinden. Wir müssen eine breite Zustimmung in der Bevölkerung bekommen."
Als "Neuling im Landratsamt", sei Siller daher froh, dass sein Büro neben dem von Kreiskämmerer Marcus Fröhlich liegt. Fröhlich ist bereits seit Februar ebenfalls als Geschäftsführer bei GUT eingesetzt, allerdings nur in einer Nebentätigkeit. Doch die Expertise im Steuer- und Finanzsektor und das Netzwerk, dass sich er Kreiskämmerer seit dem Beginn seiner Beschäftigung in der Kämmerei in 2014 inzwischen aufgebaut hat, seien sehr wertvoll. "Es braucht immer jemanden, der den Wirtschaftsplan erstellt", erklärt Fröhlich. Er wolle also die "Basis schaffen" für die Arbeit von GUT.
Fröhlich betont aber ebenfalls, dass er nicht nur mit Fachwissen, sondern auch mit dem Herzen hinter den Zielen von GUT und seinem Kollegen Siller steht. Die Energie künftig weiter aus Kohle-, Gas- oder gar Atomkraftwerken am Ende sogar aus den umliegenden Ländern zu beziehen, sei für ihn keine Option. "Ich sehe die dezentrale Versorgung und damit auch die Erzeugung von Strom vor Ort als die einzige Möglichkeit an", ist sich Fröhlich sicher.
"Ist eine Energiewende denn überhaupt nötig?", fragt Marco Siller noch einmal. "Meiner Meinung nach, ja. Aber es ist auch legitim für die Kommunen, nicht alle Pläne mitzumachen." Dann allerdings - und das macht Siller unmissverständlich klar - müsse man schauen, wo Alternativen lägen.