Freies Wort hilft Nur eine Blechhütte dient als Kindergarten

Neue Stühle und Tische sowie Essen und Trinken für die Kinder. Foto: Heike Fuhrmann

Ein Kindergarten aus Stein. Diesen Plan möchte Heike Fuhrmann in Namibia umsetzen. Seit einigen Tagen ist sie in dem afrikanischen Land, um den Bau des Hauses anzuleiern. Sie berichtet, wie vieles vorangeht und wo es hapert.

 
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Suhl/Namibia - Armut, tiefstes Elend und Hunger – dagegen muss man etwas tun. Heike Fuhrmann hat auf ihren Reisen Namibia kennen gelernt und gesehen, was dort für Not herrscht. Nachdem sie ein Hilferuf von ihrer dort lebenden Freundin Toini erreicht, weil der dortige Kindergarten vor dem Aus steht, beschließt die Suhlerin, selbst aktiv zu werden. An Stelle der jetzigen Blechhütte soll ein Steinhaus entstehen – so ist ihr Plan. Dafür hat Heike Fuhrmann sogar einen privaten Kredit in Erwägung gezogen.

Doch inzwischen haben sich immer mehr Unterstützer gefunden. Deshalb ist sie jetzt in Begleitung von Enrico Schreier, (internationaler Koch) und Cordula Dobrunz von den Suhler Lions nach Namibia geflogen. In nur einer Woche wollen die drei Thüringer ein Anwaltsbüro und die Bürgermeisterin, eine Baufirma, Grundstückseigentümer, eine deutsche Lehrerin und den örtlichen Lions-Club aufsuchen.

Regelmäßig berichtet Heike Fuhrmann trotz des straffen Zeitplans von den Erfolgen und Rückschlägen der Mission: „Gestern sind wir gleich nach dem Frühstück aufgebrochen. Ziel: der Kindergarten in den townships. Zuvor haben wir im Supermarkt Äpfel, Bananen, Saft, Kekse und Brötchen für die Kinder gekauft. Danach sind wir auf die Suche nach dem Kindergarten gegangen. Tausende Blechhütten und dutzende Wege. Wir hatten vom Architekten den Standort geschickt bekommen, dennoch war das Navi ständig verwirrt. Gefolgt von meiner inneren Stimme fanden wir nach etwas verlorener Zeit unser Ziel“.

Erwartet wird die dreiköpfige Delegation von Toini, der Erzieherin. Es ist ein Wiedersehen voller Freude. „Die alte Blechhütte des Kindergartens ist viel kleiner, als von mir angenommen. Im Inneren saßen 26 Kinder auf engstem Raum, die Luft war stickig, es war dunkel und heiß. Draußen gab die Mittagssonne alles. Gefühlte 40 Grad. Wenn man die Situation selbst sieht und fühlt, wird klar, so kann es nicht bleiben. Bis zum Bau des neuen Hauses wird es noch dauern. Wir haben noch kein passendes Grundstück und vor allem noch nicht das Geld zusammen“.

Bereits im Vorfeld hat sich Heike Fuhrmann Gedanken darüber gemacht, die Blechhütte mit geringstem Aufwand zu erweitern und das Dach erst mal zu reparieren. Sie bittet Toini, sich um drei gute Arbeiter zu kümmern. Noch am gleichen Tag steht Thomas mit seinen zwei Arbeitern parat. „Er hatte sich Gedanken gemacht, einen Plan gezeichnet und diesen dabei. Anders als in Deutschland suchen hier Menschen händeringend nach Arbeit, kämpfen um jede Jobgelegenheit“.

Thomas erklärt, dass die alte Blechhütte viel zu niedrig sei. Er schlägt vor, eine neue Blechhütte zu bauen und die alte Hütte später als Lager zu nutzen. „Ok. Dann ab in den Baumarkt“, beschreibt Heike Fuhrmann die Situation. „Hier in Namibia kann man alles kaufen, wirklich alles, man braucht nur Geld. Die Preise sind nahezu identisch wie in Deutschland. Doch hier verdienen die Menschen aus den townships, wenn überhaupt, nur 50 bis 200 Euro“.

Doch bevor der Baumarkt angesteuert wird, ist Geschenkezeit. Die Besucher aus Deutschland packen die neu gekauften Tische und Stühle aus dem Auto. Die alten Tische waren alle gerissen und kaputt, die Stühle zu wenig oder ebenfalls defekt. Unter einem kleinen Baum wird Essen und Trinken für die Jungen und Mädchen vorbereitet. „In der Zeit warteten die Kinder ganz geduldig im Inneren. Als Toini die Kinder bat, heraus zu kommen, lief das in einer für uns ungewohnten, ganz ruhigen, disziplinierten Weise ab. Kein Drängeln, kein Schubsen – die Kinder bildeten eine Schlange, die jüngsten und kleinsten vornedran, die ältesten mit gewohnter Selbstverständlichkeit ganz hinten angestellt. Obwohl doch ausgehungert und nach Leckerem dürstend, stürzen sie sich nicht, wie oft bei uns zu Hause erlebt, wie Geier auf das Hingestellte“, staunt Heike Fuhrmann.

Dank vieler Spenden haben die drei Thüringer Koffer voller Kinderkleidung und Schuhe dabei. „Es waren nicht für alle Kinder Schuhe dabei, aber die leer ausgegangenen Kinder waren nicht traurig, sondern freuten sich für die Kinder, die neue Schuhe erhielten. Bemerkenswert“, wundert sie sich auch darüber.

Die Hitze und die vielen Eindrücke haben das Team müde gemacht. Es fährt zurück ins Camp. „Wir wollen und müssen die Zeit nutzen und uns unbedingt einen Plan machen, was wir noch in den verbleibenden drei Tagen erledigen müssen. Während des Essens kommen bei uns die Emotionen hoch. Wir hier in einem schönen Restaurant und da draußen diese ganz andere Welt mit Menschen, die es sich nicht ausgesucht haben, so zu leben und doch ihr Schicksal tapfer ertragen“, schreibt Heike Fuhrmann. Für Cordula Dobrunz ist das Gesehene unfassbar: „Ich habe es mir nicht so schlimm vorgestellt“. Dann kullern ihr die Tränen.

Nur einen Tag später beginnen die Arbeiten an der neuen Blechhütte. Das Material aus dem Baumarkt ist eingetroffen. „Als wir das Grundstück erreichen sind wir fassungslos. Darauf waren wir nicht vorbereitet. Oh mein Gott! Da steht schon fast die gesamte neue Hütte. Thomas, unser Bauleiter, ist stolz und wir können es nicht glauben. Wir haben für morgen, also Donnerstag, ein Kinderfest mit den Müttern geplant und Thomas sagt: „Da werden wir auch das neue Haus einweihen!“ Dieser Mann ist ein Glückstreffer, er kann uns bei unserem richtigen Neubau eine große Hilfe sein“, sieht Heike Fuhrmann ein Problem gelöst.

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